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Das Auto – ist Schönheit ein Kriterium?



Bei viertürigen Fahrzeugen scheint die Kunst, das Fahrzeug in eine attraktive Form zu gießen, verloren gegangen zu sein. Auch der letzte Vertreter, der Schönheit, Spass und das notwendige Maß an Praktikabilität vereint hat, ist schon vor über einem Jahrzehnt geschaffen worden.

Maserati
Maserati Quattroporte V (2004-2013, hier in der originelleren, ursprünglichen Form)

Heutige Modelle scheinen aggressiv und fett wirken zu müssen (ich möchte niemanden schlecht machen und auf dieser Seite das Positive wirken lassen, sodass auf Bilder dazu verzichtet wird). Die vielen unzusammenhängenden Linien moderner Fahrzeuge machen es auch nicht leichter für Auge und Gehirn. Einfache und schlanke Linien sind momentan nicht gefragt. Neben dem äußeren Erscheinungsbild führt das in Kombination mit steigendem Sicherheitsbewusstsein auch für die Insassen dazu, dass sie sich zunehmend von der Außenwelt und dem Erlebnis der Bewegung entkoppeln: Hohe Fensterkanten behindern den Blick auf die Außenwelt, während man auf das bordinterne "Infotainment" fokussiert wird. Dieses ist gemäß Marketing scheinbar ohnehin wichtiger und margenträchtiger als ein ausgewogenes Fahrwerk mit schönem Fahrgefühl. Letzteres kommt daher zunehmend aus einem die Entwicklungs- und Produktionskosten senkenden Baukasten, der vielfach größenunabhängig und über Marken hinweg bei zahlreichen Modellen mit entsprechenden Stückzahlen verbaut wird (allenfalls fehlende mechanische Feinabstimmung kann dabei auch kostengünstig über elektronische Stabilitätsprogramme entschärft werden).

Hoffnung kommt in meinen Augen aktuell immerhin von außerhalb Europas, wo auch leistbare Volumensmodelle wieder gewisse Anziehungskraft für das Auge erreichen können. Hier wird die Masse optisch noch einigermaßen kaschiert und auch die Technik erscheint ausgereift:

Mazda 2

Mazda 2 - Demio (ab 2014, jedenfalls attraktiver als die Konkurrenz)

Zeitlose Formen des ausklingenden 20. Jahrhunderts

Auch die Zeiten, als das Wort "Premium" noch nicht so populär war und ein Mehrpreis regelmäßig noch mit einem realen Mehrwert einherging, scheinen vorbei zu sein. Bis in die frühen 90er Jahre hinein konnte man nach Verkraften des Kaufpreises nach dem Motto von Sir Henry Royce – the quality will remain long after the price is forgotten – bei bestimmten Marken kaum grundsätzlich falsch liegen. In sämtlichen (damals noch überschaubareren) Segmenten konnte man zu einem entsprechenden Preis Fahrzeuge erwerben, die auch heute noch durchaus ansehnlich sind.

Schließlich sind solide Technik, Ersatzteilversorgung und Langlebigkeit nicht nur ein Garant für zufriedene Kunden. Neben den "total costs of ownership" freut sich auch die Umwelt, da weniger oft etwas Neues produziert werden muss. Schließlich machen Herstellung und Entsorgung eines Fahrzeuges einen wesentlichen Teil seiner Gesamtumweltbelastung aus (entsprechend enttarnt sich auch die Elektro-Euphorie eher als Marketing-Gag denn als echte, nachhaltige Alternative, während an Konsumverzicht erst gar nicht gedacht wird, da damit das Wirtschaftswachstum gefährdet wäre; auch war die Diskrepanz zwischen angegebenem Norm-Verbrauch dank "downsizing" und realem Verbrauch nie annähernd so groß wie heute).

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Die Mercedes Limousinen des Jahres 1984 (im Rahmen von Modellpflegen wurden später die Stoßstangen verfeinert)

Viele zeitlose Formen von Fahrzeugen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehen wie die oben dargestellten Mercedes-Modelle auf Bruno Sacco zurück, der ab 1958 und von 1970 bis 1999 leitend im Design von Mercedes-Benz tätig war. Markenübergreifender ist hingegen das italienische Designstudio Pininfarina zu erwähnen. Pininfarina hat es als Organisation über den einzelnen Mitarbeiter hinaus geschafft, mittlerweile über bald ein Jahrhundert hinweg klar überdurchschnittliche Formen zu schaffen und damit das Fahrzeug deutlich näher in Richtung Kunstwerk zu positionieren.

308
Ferrari 308 GTB (1975-1985; als 328 bis 1989)

Neben den sofort in den Kopf springenden Ferraris sind hier auch durchaus "normale" Kreationen zu erwähnen, die aufgrund ihrer Präsenz das Stadtbild freundlicher erscheinen ließen. Peugeot hat seine Kooperation mit Pininfarina im aktuellen Jahrtausend nach etwa einem halben Jahrhundert leider aufgegeben. Wie einschneidend der Weg weg von Pininfarina ist, lässt sich an den Nachfolgern des Peugeot 406 Coupés, des oben abgebildeten Maseratis und auch im Hause Ferrari erkennen. Während Ferrari langsam wieder zu schöneren Formen findet, wurde das aktuelle Top-Modell hausintern entworfen. Der unten abgebildete Peugeot 205 scheint zwar von Pininfarina geistig geprägt zu sein, ist jedoch ein positiver Beweis für die Kreativität der Peugeot-eigenen Designer. Jenseits von Pininfarina sind auch Citroën und Renault hervorzuheben, die immer wieder gute Ideen hatten (z.B. technisch und optisch herausragend Citroën Traction Avant, 2CV und DS oder eher hinsichtlich Raumausnutzung – Renault R5, Espace, Twingo und Scenic, wobei die letzten beiden eher originell als schön oder technisch perfekt waren). Beide Marken könnten auch heute wieder aus dem Durchschnitt emporsteigen (Citroën Cactus, Renault Twizy und Twingo stellen zumindest originelle Anfänge dar).

205
Peugeot 205 (1983-1998, heutige Autos lassen sich nicht so lange verkaufen)

Nicht ganz als ästhetisch ideal aber durchaus als Vordenker verdient auch die vielfach geschmähte American Motors Corporation (AMC) eine Erwähnung. Deren Kreationen Pacer und Eagle waren zwar nie wirklich schön, aber doch vor allem für amerikanische Verhältnisse originell (Pacer) und prägend (Eagle für die Jahrzehnte später einsetzende SUV-Schwemme).



Stand: 2014


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Philipp Lust, 2014                         www.lust.wien