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Gedanken zu Downsizing“ und Motortechnik





Getrieben vom Streben nach niedrigen Normverbrauchswerten sind europäische Hersteller derzeit Vorreiter beim Downsizen ihrer Motoren. Hierbei wird der Hubraum der Motoren verkleinert. Gleichzeitig werden häufig weniger Zylinder verbaut. Damit kann die Reibung und damit der Treibstroffverbrauch reduziert werden. Um weiterhin hohe Leistung zu bieten, werden meist Turbolader eingesetzt. Wird die verfügbare Leistung des Turbos tatsächlich abgerufen, kann auch der Turbomotor keine Verbrauchswunder erreichen. Die Technik wird damit nicht unbedingt einfacher oder langlebiger.

Übersicht:
                1. Aktuelles Downsizing erlaubt Vereinheitlichung
                2. Technisch sinnvolle Zylinderzahl
                3. Dieselmotoren
                4. Benzinmotoren
                5. Turbolader im Premiumbereich
                6. Unterschiedliche Leistungsentfaltung
                7. 3-Zylinder bei Kompaktwägen
                8. Alternativen zu Downsizing
                

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Bei großzügigen 5 l Hubraum reicht regelmäßig erhöhte Leerlaufdrehzahl zum Fahren aus (Mercedes M119, 1989-1999)

1. Aktuelles Downsizing erlaubt Vereinheitlichung

Bei der Herstellung derartig verkleinerter Motoren können Kostenvorteile durch eingesparte Zylinder und Mengenvorteile durch standardisierte Motoren mit vielen Gleichteilen und bloß unterschiedlichen Turboaufladungen erreicht werden. So soll z.B. BMW künftig auf Basis von nahe liegenden 0,5 Liter Hubraum pro Zylinder 3-Zylinder mit 1,5 l, 4-Zylinder mit 2,0 l, 6-Zylinder mit 3,0 l und wohl auch 8-Zylinder mit 4,0 l und 12-Zylinder mit 6,0 l Hubraum anbieten. Innerhalb der Standardmotoren sind unterschiedliche Leistungsabstufungen über unterschiedliche Turboaufladung oder gar bloße Softwareprogrammierung möglich.

Früher musste hingegen bereits im „Normalbereich“ zwischen 2 und 3 Liter Hubraum jedenfalls noch ein weiterer Motor mit anderem Hubraum konstruiert werden, um den Bereich zwischen etwas untermotorisiert und etwas übermotorisiert bei einer Mittelklasselimousine abzudecken. Heute deckt hingegen der 2 l-Motor mit 4 Zylindern das Leistungsspektrum bis zum klassischen 3 l-Motor mit 6 Zylindern ab.
Im Sinne der Normverbrauchsoptimierung haben sich Laufruhe, Klang und Leistungsentfaltung dabei freilich nicht wirklich positiv weiterentwickelt“. Nachdem Downsizing bislang kaum zu niedrigeren Verkaufspreisen führt, bleibt dem Neuwagenkunden in erster Linie die Hoffnung auf niedrige reale Treibstoffverbräuche.

2. Technisch sinnvolle Zylinderzahl

6, 8 und 12 Zylinder können völlig ausgeglichen laufen

Neben Boxermotoren mit gerader Zylinderzahl laufen Reihensechszylinder und die praktisch aus zwei Sechszylindern zusammengesetzten Zwölfzylinder von Natur aus ausgeglichen (siehe im Detail z.B. hier). Klassischerweise stellt die Größenordnung von rund 3 l Hubraum bei 6-Zylinder-Motoren eine gute Motorisierung für etwas schwerere Mittel- und Oberklassefahrzeuge ebenso wie für Sportwägen dar.

Auch die
bei 8-Zylindermotoren typische Anordnung mit um 90° gekröpfter Kurbelwelle (cross-plane) samt Gegengewichten führt zu ausgeglichenem Lauf. Aufgrund der Gegengewichte ist der V-8-Motor nicht nur recht schwer, sondern typischerweise auch etwas träger und weniger drehfreudig als die vorgenannten Varianten mit inhärentem Massenausgleich. Dafür bietet er typischerweise viel Kraft und Drehmoment im niedrigen Drehzahlbereich, sodass er für komfortables und zügiges Fahren in Oberklassefahrzeugen durchaus geeignet ist (Drehmoment als in Newtonmeter angegebene Einheit für mögliche Kraft bei der Drehung der Kurbelwelle des Motors; im wesentlichen gelangt man über die Multiplikation mit der jeweiligen Drehzahl zur Leistung in Kilowatt oder Pferdestärken). Freilich führt zunehmende Zylinderzahl zu zunehmenden Reibungsflächen im Motor und damit zu tendenziell höherem Treibstoffverbrauch. In sportlichen Ferraris mit 8 Zylindern werden praktisch zwei 4-Zylindermotoren mit gemeinsamer, flacher Kurbelwelle („flat-plane) verbunden, wodurch spontanere Leistungsentfaltung und mehr Drehfreudigkeit auf Kosten der Laufruhe ermöglicht werden (letztere ist bei derartigen Sportwägen weniger zentral und kann durch kurzen Hub und leichte Materialien etwas verbessert werden).

4 Zylinder sind ein guter Kompromiss aus Komfort, Gewicht und Verbrauch

Typische 4-Zylinder-Motoren laufen nur einigermaßen ausgeglichen, weshalb sie kaum über 2 l Hubraum angeboten werden bzw. ab gewissem Hubraum Ausgleichswellen zum Schwingungsausgleich unumgänglich werden (die Bewegung der sich aufwärts und abwärts bewegenden Zylinder gleicht einander nicht vollständig aus, wodurch Massenkräfte zweiter Ordnung entstehen; Ausgleichswellen zu deren Neutralisierung führen wiederum zu mehr mechanischen Teilen, Gewicht und geringem Mehrverbrauch). Da die Schwingungen bei kleinen Hubräumen weniger ausgeprägt sind, wird bei 4-Zylindermotoren im Kompaktbereich meist auf Ausgleichswellen verzichtet. Bei Mittelklassemotoren um 2 l Hubraum dürften sich Ausgleichswellen in letzter Zeit zunehmend etablieren (detaillierte Angaben sucht man in den Prospekten oft vergeblich). Insgesamt reichen 4 Zylinder für die meisten Standardanwendungen völlig aus bzw. haben aufgrund überschaubarer Größe und Masse auch Vorteile; dank Turbolader soll das künftig auch für die Oberklasse gelten (bei hinreichend niedrigem Preis würde auch aus meiner Sicht nichts dagegen sprechen). Gegenüber Dreizylindermotoren laufen sie jedenfalls weit ruhiger und ausgeglichener.

Sonstige Vorteile vieler Zylinder

Insgesamt führt eine höhere Zylinderanzahl regelmäßig zu gleichmäßigerer Leistungsabgabe und angenehmerem Motorgeräusch, da je Zündung nur weniger Bewegung an der Kurbelwelle nötig ist und sich die gesamte Drehung auf mehr Arbeitstakte aufteilt (abgesehen vom Motor entsteht heutzutage viel „Sound im Auspuff; so auch das typische Geräusch der Zusammenführung der Abgase beider Zylinderbänke von V8-Motoren oder klassischen Subaru 4-Zylinder-Boxermotoren). Umgekehrt werden unangenehme Geräusche aktueller, verkleinerter Motoren schon aufgrund des wenn auch langsam wieder abflauenden – europäischen Trends zum tendenziell lauteren Dieselmotor heute besser gedämmt als früher (an der Materialbelastung bei Konstruktionen mit unausgeglichenem Motorlauf ändert die akustische Dämmung hingegen nichts).

Gewicht und Verbrauch sprechen für maßvoll große Motoren

Neben dem Treibstoffverbrauch bei einem Motor sinnvoller Größe spricht auch das Gewicht für nicht übermäßig große Motoren. Wie im Antriebsbereich ausgeführt, führt zusätzliches Gewicht auf der Vorderachse wo sich der Motor meist befindet – regelmäßig zu ungünstigerem Fahrverhalten und geringerer Agilität des Fahrzeuges. Selbst bei einem Mittelmotorsportwagen, wo sich die Gewichtsverteilung nicht so drastisch ändert, wird Gewichtsminimierung im Sinne des Fahrverhaltens angestrebt. Auch bei großen, komfortablen Ferraris mit 12-Zylindermotor bedeutet es einigen konstruktiven Aufwand, eine hecklastige Gewichtsverteilung zur Optimierung des Fahrverhaltens zu erreichen (im Sinne linearer und unmittelbarer Kraftentfaltung wird hier noch auf Turbolader verzichtet; dennoch werden durch kompromisslose Technik aus 6.3 l Hubraum beachtliche 740 PS bzw. 690 Nm erreicht).

3. Dieselmotoren

Klassischer Dieselmotor

Historisch waren Dieselmotoren langlebig, sparsam und träge. Letzteres dürfte heutigen Autokäufern nicht mehr gefallen, während Ersteres heutzutage trotz allgegenwärtiger Nachhaltigkeitsbeteuerungen nicht mehr unbedingt Priorität hat.

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Ein ruhig laufender 6-Zylinder-Turbodiesel von BMW aus der Zeit vor Direkteinspritzung (1991-2000)

Belebung durch Turbotechnik

In den 80er Jahren hat Mercedes-Benz Turbodiesel auf den Markt gebracht, die in die Nähe der Leistung von Benzinmotoren gekommen sind (ein 3 l Diesel stieg damit von etwa 80 auf 120 PS bei etwa 4000 Umdrehungen pro Minute, während ein ähnlich großer Benzinmotor ohne Turbolader etwa 190 PS bei 6000 Umdrehungen leistete; heutige Turbomotoren erzielen sowohl bei Diesel als auch bei Benzin über 300 PS aus 3 l Hubraum). In den 90er Jahren hat Volkswagen/Audi seine populären TDI-Motoren mit Direkteinspritzung und Turbolader verkauft, die zwar durch sehr laute Motorengeräusche aufgefallen sind, dafür aber hohe Leistungen und guten Durchzug bei moderatem Verbrauch ermöglicht haben. Ende der 90er Jahre wurden dann branchenweit Common Rail-Dieselmotoren mit Turbolader eingeführt, wo das Dieselöl mit extrem hohem Druck über eine zentrale Druckpumpe in die Brennräume eingespritzt wird. Diese Motoren sind akustisch weniger aufdringlich als die TDI-Direkteinspritzung.

Akustisch nicht angenehm

Abgesehen von der heute intensiven Dämmung ist meiner Meinung nach das Geräusch klassischer Dieselmotoren mit Vorkammer-/Wirbelkammereinspritzung dennoch weniger unharmonisch. Teils werden z.B. bei Audi zwischenzeitig schon Lautsprecher in Auspuffnähe eingebaut, um das unangenehme Geräusch des Motors vorne mit 8-Zylinder-Benziner-Simulationen im Auspuffbereich hinten zu kompensieren (ganz überzeugend wirkt es für mich nicht). So sehr ich verstehe, dass für größere Autos 6-Zylinder-Turbodieselmotoren gebaut werden, die akustisch deutlich weniger aufdringlich als 4-Zylinder-Diesel sind, verstehe ich den Bau von 8, 12 oder gar weniger ausgewogenen 10-Zylinder-Dieseln nicht. Keiner davon erscheint mir von der Akustik her angenehmer als ein 6-Zylinder-Benzinmotor zu klingen und leistungsmäßig sollte ein turbogeladener 6-Zylinder-Benzin- oder Dieselmotor für die allermeisten Fahrzeuge reichen (allenfalls könnte aus verbauchsökonomischer Sicht ein 8-Zylinder-Diesel für besonders überschwere SUVs und Geländewägen indiziert sein, deren Existenzberechtigung hingegen grundsätzlich fraglich ist; für das Statusdenken mag dabei sogar die Politik von Mercedes angebracht sein, den klassischen G-Geländewagen jenseits der ohnehin zunehmend stärkeren Standardmotorisierung bloß in aufgeladenen 8- und 12-Zylinder-Benzinvarianten bei grob 600 PS zu klarem Mehrpreis anzubieten, da sich diese Kundschaft kaum an Benzinverbräuchen jenseits von 20 Litern auf 100 km stoßen wird; kulturgeschichtlich und für die Passanten wertvoller wäre dieser Treibstoff jedoch eher in klassischen Oldtimern oder allenfalls aktuellen GT-Ferraris mit real niedrigeren Verbräuchen trotz höherer Leistung verschwendet).

Aktuelle Verwendung von Turboladern im PKW

Heute verfügt praktisch jeder aktuelle PKW-Dieselmotor über einen Turbolader und auch bei Benzinmotoren geht die Tendenz langsam in eine ähnliche Richtung (die höheren Drehzahlen und Abgastemperaturen von Benzinmotoren stellen höhere Anforderungen an den Turbolader). Obwohl der Abgasturbolader vieles an eingespartem Hubraum kompensieren kann, ist darauf hinzuweisen, dass das nicht nur zu einer höheren Belastung des Motors führt: Einerseits leidet das Ansprechverhalten des Motors, da die Kraft erst etwas verzögert einsetzt („Turboloch“ bis die Abgase den Turbolader ansprechen). Andererseits setzt der Turboschub erst bei einer gewissen Drehzahl ein, während darunter kaum Kraft geliefert wird (durch parallele bzw. mehrstufige Lader gab es bereits signifikante Verbesserungen). Es bleibt abzuwarten, inwieweit elektrisch angetriebene Verdichter diese Probleme künftig weiter lindern können.

Gründe für Diesel die Umwelt gehört nicht dazu

In Österreich ist der Dieselanteil bei PKWs klassisch besonders hoch. Obwohl es ökologisch keinen Sinn macht, sondern eher den Wünschen der Transportbranche entspricht, wird Diesel in Österreich weiterhin steuerlich gegenüber Benzin bevorzugt. Einerseits mag der Wunsch nach niedrigen laufenden Kosten für die vielen Dieselfahrzeuge verantwortlich sein, auch wenn sich die höheren Anschaffungskosten erst bei hohen Laufleistungen amortisieren. Andererseits sind viele Kompakt- und Mittelklassefahrzeuge mit herkömmlichem (kleinen) Benzinmotor aufgrund ihres laufenden Größen- und Gewichtszuwachses und aufgrund strengerer Abgasnormen im Laufe der Zeit vor allem in niedrigeren Drehzahlbereich zunehmend träge geworden. Somit konnten aufgeladene Dieselmotoren die Fahrzeugmasse mit ihrer Kraft im mittleren Drehzahlbereich teils besser überwinden. Nachdem in den letzten Jahren auch Benzinmotoren zunehmend mit Turboladern ausgestattet werden, dürfte sich das wieder ändern.

4. Benzinmotoren

Bei PKWs naheliegend

Benzinmotoren laufen grundsätzlich ruhiger und erzeugen angenehmere Geräusche. Sie haben ein weiteres nützbares Drehzahlband, verbrauchen aber etwas mehr Treibstoff. Sie sind weniger schwer, grundsätzlich günstiger herzustellen und entzünden das Benzin-Luft-Gemisch mit einer elektrischen Zündkerze, während im Dieselmotor der hohe Druck zur Explosion des Treibstoffes führt. Technisch hat sich bei Benzinmotoren in den letzten Jahrzehnten weniger geändert. Meines Erachtens sind Benzinmotoren bei Personenkraftwägen weiterhin die bessere Lösung (bei Kleinwägen schon aus Kostengründen; bei Luxusfahrzeugen aus Gründen des Komforts und der Fahrleistung).

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Mit Kompressor und Turbolader erzielt Volkswagen aus 1.4 l Hubraum 160 PS (2008)

Neue Technik macht den Benziner dieselähnlicher

Die in den letzten Jahren populärer werdenden Änderungen machen den Benziner jedoch typischerweise dieselähnlicher: Die populärer werdende Direkteinspritzung führt nun auch bei Benzinmotoren zu gewissem Nageln im Leerlauf und zum Ausstoß krebserregender Feinpartikel. Der Einsatz von Turboladern fördert das Drehmoment im Bereich von etwa 1.500 bis 4.000 Umdrehungen pro Minute. Im Gegenzug zum höheren Drehmoment dank Turbo wird jedoch auch die Unmittelbarkeit und Linearität der Gasannahme verringert und der gerade bei hinreichend großen Motoren angenehme – Bereich zwischen 1.000 und 1.500 Umdrehungen aufgrund niedrigerer Verdichtung weniger nützbar; ähnliches gilt für den Drehzahlbereich zwischen 5.000 und 7.000 Umdrehungen (der in meinen Augen kaum je notwendig sein sollte). Umgekehrt sollte durch diese Maßnahmen auch der Durst dieselähnlicher ausfallen und damit reduziert werden.

5. Turbolader im Premiumbereich

Technisch wäre Ablöse von 8- und 12-Zylindermotoren denkbar

Im Bereich großer Fahrzeuge mag der Einsatz von Turboladern auch bei Benzinmotoren Sinn machen. So könnte ein einheitlicher und laufruhiger Reihensechszylinder mit 3 Litern Hubraum mit etwa 200 PS als herkömmlicher Saugmotor ohne Turbolader für normale Premiumansprüche genügen. In unterschiedlichen Turbovarianten könnte die Leistung auf mehr als das Doppelte gesteigert werden. Damit könnte man tendenziell weniger sparsame 8- und 12-Zylindermotoren auch in großen Fahrzeugen grundsätzlich obsolet machen. Da hier auch nicht allzu oft die volle Leistung benötigt werden sollte, sollten die von der Turbotechnik erhofften Verbrauchsvorteile auch eher realisierbar sein als bei Miniaturmotoren in Kleinwägen.

http://www.bmw.com/_common/shared/insights/technology/efficientdynamics/phase_2/technology/_teaser_engine/03-engine_1_1.png
BMW 3 l-Benzin-Reihensechszylinder mit Turbolader und gut 300 PS (2009)

Der maßvolle Sechszylinder ohne Turbo stirbt aus

Leider wird die bewährte Saugmotorvariante ohne Turbolader immer seltener angeboten. Überhaupt wird der Reihensechszylinder auch von BMW immer seltener und nur noch mit starker Turboaufladung verkauft. Umgekehrt will Mercedes in den nächsten Jahren wieder vom platzsparenderen, aber nicht so schön laufenden V6 auf klassische Reihensechszylinder umsteigen (zum Schwingungsausgleich siehe hier). Allgemein scheint es jedoch, als würde heutzutage die Laufruhe der Motoren hinter den Drang zu mehr Leistung zurücktreten. Insoweit sind Sechszylindermotoren zunehmend erst in sehr hohen Leistungsklassen (ab ca. 250 und bald eher 300 PS) zu entsprechend hohen Preisen erhältlich.

6. Unterschiedliche Leistungsentfaltung

Vergleich klassischer 6-Zylinder und aktueller 4-Zylinder-Turbo

Die unterschiedlichen Konzepte führen weiterhin zu unterschiedlichen Charakteristika der Motoren.

http://www.bmw.at/de/neufahrzeuge/5/limousine/2013/motoren.htmlhttps://www.bmw.de/de/neufahrzeuge/3er/limousine/2011/motoren.html
Klassischer BMW 3 l-6-Zylinder Saugmotor (links) und aktueller 2 l-4-Zylinder Turbomotor (rechts)

Der Vergleich der Drehmomentdiagramme (schwarze Linie) zwischen klassisch hubraumstärkerem Saugmotor und neuzeitlich verkleinertem Turbomotor zeigt, dass der neue Motor trotz um ein Drittel verkleinerten Motors gewisse Vorteile hat: Deutlich unter 2000 Umdrehungen soll das volle und signifikant höhere Drehmoment anliegen und bis knapp 5000 Umdrehungen recht konstant bleiben.

Beim konventionellen Motor ist die Kurve hingegen runder: Im unteren Drehzahlbereich steigt das Drehmoment langsam, wenn auch recht gleichmäßig an, um erst knapp unter 3000 Umdrehungen voll vorhanden zu sein. Umgekehrt bleibt es aber bis 5000 Umdrehungen konstant und fällt dann auch nur recht
harmonisch ab. An der blauen Leistungskurve erkennt man, dass die Leistung weit linearer abgegeben wird. Auch abgesehen von allfälligen Turbolöchern setzt beim Turbomotor die Leistung erst ab einer gewissen Drehzahl und dann spontan ein (zwischen Leerlaufdrehzahl und gut 1000 Umdrehungen gibt es signifikant weniger Kraft als beim herkömmlichen Motor das macht sich beim Anfahren bemerkbar) und ab knapp 5000 Umdrehungen entsteht keine Mehrleistung mehr. Meiner Erfahrung nach klingt der große Motor mit dem ausgeglichenen Lauf von 6 Zylindern nicht nur angenehmer, sondern fährt sich auch subjektiv angenehmer, selbst wenn der Turbomotor teils schaltfauleres Fahren erlaubt und mehr Drehmoment bietet; auch liegen die Verbrauchswerte in der Realität regelmäßig nicht so weit auseinander wie auf dem Papier.

Diesel und großvolumige Benzinmotoren mit Turbo


http://www.bmw.at/de/neufahrzeuge/5/limousine/2013/motoren.htmlhttp://www.bmw.at/de/neufahrzeuge/5/limousine/2013/motoren.html
Moderner 2 l-Turbodiesel und aktueller 3 l-Turbobenziner von BMW

Zum Vergleich sei auch der moderne Turbodiesel (links) erwähnt: Im Gegensatz zum Turbobenziner setzt der
„Turboschub hier etwas später ein und hört viel früher auf (volles Drehmoment ist nur zwischen 1.500 und 3.000 Umdrehungen verfügbar), dafür ist das Drehmomentniveau ebenso wie das Geräuschniveau beim Diesel insgesamt höher. Ohne Zweifel kann man gegenüber dem Benzinmotor Treibstoff sparen (ökologisch scheint die Rechnung eher in die andere Richtung aufzugehen). Beim Schaltgetriebe ist es jedoch gewöhnungsbedürftig, dass man grob kaum unter 1.500 Umdrehungen fahren kann, nur bis 2.000 Umdrehungen sparsam unterwegs ist und bei spätestens 4.000 Umdrehungen schon keine weitere Kraft entwickelt werden kann. Entsprechend ergibt sich daraus, dass Dieselfahrzeuge mehr Gänge benötigen, um jeweils im „richtigen Drehzahlbereich fahren zu können. Auch Automatikgetriebe haben meiner Erfahrung nach gewisse Probleme damit, dass die Leistung zwischen Leerlauf und 1.500 Umdrehungen nicht gleichmäßig entsteht und beim Beschleunigen bald der nächste Gang eingelegt werden muss. Entsprechend ist für mich neben der Akustik auch die Harmonie der Gasannahme und Gangwechsel weniger angenehm als bei einem lineareren Benzinmotor ausgeprägt.

Der schwingungsmäßig ausgeglichene 6-Zylinder-Benzinmotor mit Turbolader (Diagramm oben rechts) kombiniert hingegen die Vorteile der beiden zuerst erwähnten Benzinmotoren. Gegenüber dem nicht aufgeladenen Motor liegt regelmäßig viel mehr Kraft an, während die Charakteristik abgesehen von der Laufruhe der 6 Zylinder dem modernen kleinen Motor entspricht und hubraumbedingt die Schwächen des Turboladers weniger auffallen. Die Langzeithaltbarkeit und Reparaturfreundlichkeit der komplexen Technik bleibt hingegen noch abzuwarten.

Klassische Motortechnik mit Leistung aus Hubraum

Man kommt damit mit einem aktuellen 3 Liter-Turbomotor mit 6 Zylindern von der Leistung und vom Drehmoment her in die Nähe eines klassischen 5 Liter-Saugmotors mit 8 Zylindern.

 http://www.motor-talk.de/forum/aktion/Attachment.html?attachmentId=397472
Mercedes 5 Liter-Motor M119 der 90er Jahre

Aufgrund seines großen Hubraums verfügt dieser Motor bereits bei 1.000 Umdrehungen über mehr als die doppelte Kraft eines klassischen Mittelklassemotors und ein natürlicheres Einpendeln der Kraft als bei turbogeladenen Motoren. Insoweit ist komfortables und drehzahlschonendes Fahren weiterhin mit einem großen Motor alter Technik am leichtesten möglich (freilich kompensiert die niedrige Drehzahl im Vergleich zu Standardmotoren nicht vollständig den Durst der großen Brennräume).

4-Ventiltechnik und variable Ventilsteuerung

Bei 3.000 Umdrehungen setzt bei dem angeführten großen Benzinmotor ein zusätzlicher Leistungsschub ein, der grob auf die 4-Ventiltechnik und die verstellbaren Einlassventile zurückgeführt werden kann. Die 4-Ventiltechnik wurde – abgesehen von ihrem Einsatz in teuren Sportwägen Anfang der 80er Jahre von japanischen Herstellern populär gemacht. Heute ist sie Standard. Mit ihr kann in erster Linie im höheren Drehzahlbereich zusätzliche Leistung erzielt werden (der Lauf des komplexeren Motors wird etwas unruhiger und im niedrigen Drehzahlbereich leidet die Leistungsabgabe geringfügig). Seit Ende der 80er Jahre (z.B. Honda VTEC) gibt es variable Ventilsteuerungen. Davor konnte ein Motor über die Form der Nockenwelle, die die Ventile steuert, nur als Kompromiss zwischen „sportlich“ im Sinne von viel Leistung bei hohen Drehzahlen oder komfortabel“ im Sinne von hohem Drehmoment im niedrigen Drehzahlbereich ausgelegt werden. Mit der variablen Ventilsteuerung können beide Varianten in einem Motor vereint werden, damit er sowohl von unten weg gut zieht, als auch viel Leistung im hohen Drehzahlbereich abgibt. Darüber hinaus konnten so Schwächen der 4-Ventiltechnik kompensiert werden und das Abgas- und Verbrauchsverhalten insgesamt verbessert werden. Mittlerweile wird variable Ventilsteuerung langsam zum Standard.

Auch 2-Ventiltechnik ist im Normalbetrieb kaum schlechter

Die klassische Technik mit nur einem Einlass- und einem Auslassventil pro Zylinder und fixer Ventilsteuerung in den 70er und 80er Jahren hatte bei derart großvolumigen und komfortabel ausgelegten Motoren typischerweise eine gegenüber dem obigen Diagramm noch flachere Drehmomentkurve ohne Buckel ab 3.000 Umdrehungen, sondern durchwegs etwa 400 Nm Drehmoment (ähnlich dem 3 Liter Turbomotor im vierten Diagramm, nur mit früherem Einpendeln und späterem Auspendeln). Entsprechend gab es vor 1990 zwar nur 240 statt 320 PS aus 5 Liter Hubraum, wobei im Normalbereich zwischen 1.000 und 3.000 Umdrehungen praktisch gleich viel Kraft wie bei späteren Entwicklungen verfügbar war. Freilich ist durch den technischen Fortschritt der Schadstoffausstoß in den 80er Jahren (v.a. dank Katalysator) signifikant und der Treibstoffverbrauch im Laufe der Jahre etwas gesunken.

Auch Vergasermotoren laufen gut, sind jedoch nicht so gut für die Umwelt

Selbst die ursprüngliche und bis in die 80er Jahre übliche Form der Gemischaufbereitung über Vergaser ist der Einspritztechnik von der Kraftentwicklung bei niedrigen Drehzahlen her meines Wissens nicht unterlegen. Die Einspritztechnik hat wiederum eher zu höherer Leistung bei gehobenen Drehzahlen geführt und etwas geringere Treibstoffverbräuche, vor allem aber die bessere Integration von Katalysatoren ermöglicht. Insoweit scheint von diesem Fortschritt vor allem die Umwelt profitiert zu haben.

Als Beispiel sei dieser 2.8 l-6-Zylindermotor von Mercedes aus den 70er Jahren erwähnt (M110):

http://www.benzgarage.de/m110/m110.html
Überschaubare Unterschiede zwischen Vergaser und Einspritzung

Die Einspritzvariante des Motors hat im unteren Drehzahlbereich kaum mehr Kraft als die Vergaservariante. Erst jenseits von 4.000 Umdrehungen ergeben sich merkbare Unterschiede und gut 10 % Mehrleistung (ich bin mir nicht sicher, ob die Drehmomentkurven korrekt bezeichnet sind, da die Einspritzvariante durchwegs über mehr Drehmoment verfügen sollte).

7. 3-Zylinder bei Kompaktwägen

Deutlich weniger ausgeglichen als 4 Zylinder

Den Weg vom bewährten 4-Zylinder im Klein- und Kompaktsegment zu aufgeladenen 3-Zylindermotoren sehe ich deutlich problematischer als die Reduktion ohnehin großzügiger Hubräume im Premiumbereich. Aufgrund der Unausgeglichenheit des Motorlaufs sind spürbare Vibrationen v.a. im Leerlauf kaum zu vermeiden und auch die Langlebigkeit ist fraglich.

Gewisse Massenmomente können durch eine regelmäßig erforderliche Ausgleichswelle kompensiert werden (der unten abgebildete Ford-Motor verzichtet auf eine solche und wirkt den Vibrationen durch Gegengewichte, eine entsprechende, unwuchtige Schwungmasse sowie eine gegenüber der Zylinderbohrung versetzte Kurbelwelle entgegen). Selbst mit Ausgleichsmaßnahmen ist ein sanfter Motorlauf gerade bei niedrigen Drehzahlen nicht so leicht möglich, während 3-Zylindermotoren mit zunehmender Drehzahl regelmäßig harmonischer wirken: Einerseits werden gewisse Massenmomente nicht ausgeglichen und andererseits muss eine Zündung beim 4-Takt-Motor im Falle des 3-Zylinders 240° einer Umdrehung an der Kurbelwelle bewerkstelligen. Insoweit werden jenseits der Abwärtsbewegung des Zylinders im Motor von maximal 180° an der Kurbelwelle weitere 60° der Drehung nur durch Trägheit der bewegten Massen im Motor überwunden (bei einem 4-Zylinder sind es 180°, bei 6 Zylindern 120°).

Streben nach besserem Normverbrauch führt zu Abstrichen bei Laufruhe

Schlussendlich sind die Verbrauchsvorteile im Realbetrieb, in dem vielfach mehr Leistung als im Normverbrauchszyklus abgerufen wird, häufig nicht so groß wie auf dem Papier (manche praktische Tests in Autozeitschriften belegen sogar reale Verbrauchsnachteile gegenüber herkömmlich großen Motoren).

Ergänzung September 2015: Neben "üblichen" Tricks bei der irrealen "Normverbrauchsmessung" am Prüfstand wie abgeklemmte Nebenaggregate, besonders reibungsarme Schmiermittel, stark aufgeblasene Reifen, Schaltempfehlungsanzeige oder die Testprogramme erkennende Automatikgetriebesoftware, Plug-in-Hybrid-Technik etc. wurde nun auch bekannt, dass zumindest Volkswagen bei seinen Dieselfahrzeugen in den USA eine spezifische verbotene Software eingesetzt hat, die das Prüfverfahren erkennt und währenddessen den Schadstoffausstoß auf bis zu ein Vierzigstel des Normalbetriebes reduziert. Mitunter könnte nun auch bei den europäischen Behörden mehr Druck in Richtung Wahrheit erfolgen, auch wenn das Verkünden positiver fiktiver Angaben samt zahlreicher Umgehungsmöglichkeiten in der Praxis eher zur bewährten "best practice" der von Industrielobbies getriebenen Europäischen Union gehört als Wahrheit, Ehrlichkeit, Kundenschutz oder realer Umweltschutz. Für weitere Gedanken zum "VW-Abgasskandal" siehe hier.

http://www.blogcdn.com/www.autoblog.com/media/2013/06/ford-ecoboost-infographic-large.jpg
Ford 1.0 l Turbo-3-Zylinder mit 125 PS (2012)

Meiner Meinung nach ist der bewährte und ausgeglichener laufende 4-Zylinder-Benzinmotor in Kleinwägen das beste Antriebsmodell. Alternativ wäre allenfalls ein laufruhiger Boxermotor mit 2 Zylindern zu überlegen, wenn kleiner Hubraum samt Turbolader tatsächlich zu besserem Realverbrauch führt, wobei hier der Umstellungsaufwand gegenüber den aktuellen Konzepten zu groß für die meisten Hersteller erscheint (freilich würde dann neben bzw. alternativ zur Turboaufladung ein 4-Zylinder-Boxermotor in den stärkeren Varianten bzw. größeren Fahrzeugen nahe liegen und bessere Laufruhe als ein Reihenvierzylinder ermöglichen; siehe aktuell Subaru bzw. VW Käfer oder Puch 500 seinerzeit mit Heckmotor, wo der eher breite und kurze Boxermotor leichter untergebracht werden kann als vorne, wo sich auch Lenkung und Vorderradaufhängung befinden; siehe auch hier).

Es scheint, als würde nach Jahrzehnten der Gewichtszunahme immerhin eine gewisse Tendenz zu leichteren Fahrzeugen einsetzen (wobei bewährte „Komfortfunktionen“ unabdingbar und z.B. mechanische Fensterkurbeln heutzutage regelmäßig undenkbar erscheinen). Durch signifikante Gewichtseinsparung könnte der Verbrauch gesenkt und die spürbare Fahrleistung gesteigert werden.

8. Alternativen zu Downsizing

http://imaginationdrivesus.com.au/images/imagination/skyactiv-exhaust.png
Aufwändige Auspuffanlage beim Mazda skyactiv-Konzept

Während amerikanische Autohersteller nur langsam von ihren bewährten großvolumigen Motoren abkommen und japanische Hersteller vielfach in Hybridtechnik mit unterstützenden, aber schweren Batterien und Elektromotoren Verbrauchsvorteile sehen, scheint momentan nur Mazda einen grundsätzlich anderen Weg einzuschlagen. Dort werden eher vergrößerte Hubräume eingesetzt und über hohe Verdichtung niedrige Realverbräuche angestrebt (zum technischen Hintergrund siehe hier).

Abgesehen von der Motorenentwicklung und dem Gewicht spielt beim Verbrauch auch die Abstufung des Getriebes eine wichtige Rolle, wobei ein besonders lange und niedertourig übersetztes Getriebe gerade einen kleinen Motor leicht schwach wirken lässt. Insoweit dürften Tendenzen zu besonders vielen Gängen bei automatisierten Getrieben neben dem engen nutzbaren Drehzahlbereich von Dieselmotoren vor allem über die Optimierung des Treibstoffverbrauches zu erklären sein.





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Philipp Lust, 2014                         www.lust.wien