lust

Tests ausgewählter Kompaktfahrzeuge

in preislich aufsteigender Reihenfolge



Renault Twingo (2014)

http://www.renault.at/neuwagen/pkw/twingo/neuer-twingo-b07/design.jsp

Wie viele neue Kleinwägen bietet dieser Wagen zu Preisen ab gut 10.000 Euro nur Dreizylindermotoren. Somit wird der Standardbenziner die beste Wahl sein, die Dieselfahrern kaum unangenehm auffallen wird. Für „Benzinbrüder“, die mehr Zylinder gewohnt sind, mag die Akustik noch in Ordnung gehen, die Vibrationen im Leerlauf werden sich jedoch nicht ganz leugnen lassen. Das Ziel des niedrigen Normverbrauchs führt somit tendenziell nach etwa einem Jahrhundert der Verfeinerung des Automobils in den letzten Jahren zu einem Rückgang der Laufruhe der Motoren, da im Marketing Messwerte bei Verbrauch und Leistung wichtiger als abstrakte Phänomene wie „Laufkultur“ oder die Kraftentfaltung im Normalbetrieb sind.

Ansonsten ist das Auto angenehm gefedert, bietet gute Übersichtlichkeit und ein sehr angenehmes Fahrverhalten. Für heutige, abgasnormbedingte Verhältnisse ist die Kraft des 1 l-Motors mit 70 PS bei niedrigen Drehzahlen als relativ gut und völlig ausreichend für das knapp 900 kg schwere Fahrzeug zu bezeichnen. Der Heckmotor samt Heckantrieb erlaubt eine gute Platzausnutzung bei nur 3,6 m Länge und ermöglicht darüber hinaus einen langen Radstand sowie einen unglaublich engen Wendekreis. Drifts sind bei normalen Verhältnissen aufgrund der Fahrwerksabstimmung und der Motorleistung nicht möglich; das Stabilitätsprogramm ist an sich nicht abschaltbar. Immerhin hat man nicht auf die Option eines großen Faltschiebedaches vergessen, sodass man sich – wenn man die Tatsache verkraftet hat, dass Kleinwägen künftig scheinbar nur 3 Zylinder haben werden – in Summe recht zufrieden fortbewegen kann.


Suzuki Swift (2010)

http://www.suzuki.at/de/cars/products/pr_prodgalerie.asp?Key=420&ListPages=true&Vater=256&ttqsB=1

Unter den Kompaktwägen zählt der Suzuki Swift zu den optisch gefälligeren und fahraktiveren Fahrzeugen. Er hat auch einigermaßen normale Fensterflächen, damit sich auch hinten Sitzende nicht wie in einem Kerker fühlen und vorne Sitzende mit dem Kopf nicht allzu nahe an einer übermäßig flachen Windschutzscheibe
kleben. Für normale Ansprüche könnte das Fahrwerk etwas weicher abgestimmt sein.

Er ist nicht ganz billig, aber immerhin preiswerter als Fahrzeuge mit Retro-Design-Aufschlägen. Die normale 1.2 l-Motorisierung (90 PS) gefällt mit solider Technik und zunehmend selteneren und angenehm laufenden vier Zylindern in dieser Preisklasse. Hubraumbedingt kommt Leistung erst mit höheren Drehzahlen, während das 1.6 l-Modell eher in der nächsthöheren Preisklasse angesiedelt ist (näher bei 20.000 Euro als die Standardmodelle, die um 11.000 Euro hinreichend und samt Klimaanlage ausgestattet oder um 15.000 Euro voll ausgestattet sind).


Ergänzung 2018: Zwischenzeitig gibt es das Nachfolgemodell, das optisch in meinen Augen etwas weniger gelungen ist, dafür aber dem Konzept und der Fahrfreude seines Vorgängers treu bleibt. Entsprechend ist das Fahrzeug im Gegensatz zu manchen seiner Wettbewerber weiterhin wirklich kompakt und auch nochmals leichter geworden. Auch steht es dem Kunden frei, zwischen bewährter Vierzylindertechnik und aktuell moderner Dreizylinder-Turboladertechnik samt Elektromotorunterstützung zu wählen.


Mazda 2 (2015)

http://www.mazda.at/modelle/2015-mazda2/

Etwas oberhalb des Suzuki beginnt die sogenannte "Polo"-Klasse, die regelmäßig bereits 4 Meter Außenlänge hat und damit noch stadttauglich kompakt ist. Die Außenabmessungen entsprechen damit einem "Golf II", wobei die aktuellen Sicherheitsstandards ihren Tribut bei der Größe fordern, sodass tendenziell die Gepäckräume sehr kompakt ausfallen müssen. Es gibt hier neben dem "Polo" aus dem Hause Volkswagen (2009) zahlreiche andere Angebote wie z.B. Ford Fiesta (2008), Peugeot 208 (2012) oder Renault Clio (2012). Die Einstiegsmodelle bewegen sich regelmäßig um 1.000 kg herum, während Dieselmodelle auch 20 % darüber liegen können. Preislich bewegen sie sich in der Größenordnung von 15.000 Euro, wobei gehobene Ausstattung auch durchaus gegen 25.000 Euro gehen kann. Zwischenzeitig sind bei diesen Modellen oft nicht einmal mehr die Einstiegsmotoren in bewährter Technik (4-Zylinder-Benzinmotor ohne Turbolader) ausgeführt (siehe auch meine Ausführungen zu downsizing“). Vielmehr stellt zunehmend ein verkleinerter 3-Zylindermotor mit Turbolader die Standardmotorisierung dar.

Eine wohltuende Ausnahme stellt hier dier aktuelle Mazda 2 dar, der mit heutzutage durchaus großzügigem 1,5-Liter-4-Zylindermotor in unterschiedlichen Leistungsstufen ausgeliefert wird. Ohne den direkten Vergleich der 75 PS- und 90 PS-Variante zu haben, kann ich nur sagen, dass die 90 PS-Variante ausreicht und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die 75 PS-Variante im real genützten Drehzahlbereich kaum schlechter und doch günstiger sein wird. Der Motor läuft angenehm, liefert bei niedrigen Drehzahlen über seinen Hubraum spontan die notwendige Leistung und passt gut mit dem Getriebe zusammen. Vor allem aber fühlt und hört sich der Wagen im Gegensatz zu vielen Schöpfungen der Konkurrenz nach "richtigem" Auto an.

Auch optisch würde mir aktuell kein ernsthafter Konkurrent einfallen. Vorne sitzt man angenehm und kann sogar noch eine Spur der Motorhaube erblicken. Freilich, ähnlich wie bei anderen modernen Autos auch sehen hinten Sitzende mehr Tür als Fenster und ist das Fahrwerk eher straff als weich abgestimmt, während die elektrische Lenkung sehr leicht und rückmeldungsarm funktioniert. Schiebedach ist im Gegensatz zu elektronischen Spielereien auch gegen Aufpreis nicht lieferbar. Verzichtet man auf die Komfortextras der gehobenen Ausstattungsvarianten, erhält man zu einem Listenpreis von unter 14.000 Euro ein Auto, an dem weder technisch noch optisch allzu viel auszusetzen ist.



Mazda 3 (2013)

http://www.mazda.at/modelle/neuer-mazda3-sport/

Mazda scheint der einzige „konservative“ Hersteller bei der Schaffung verbrauchsoptimierter Fahrzeuge zu sein, der auf Evolution statt Revolution setzt. Anstatt auf Motorverkleinerung und Turboaufladung zu setzen, wird hier auf großzügigen Hubraum und hohe Verdichtung gesetzt. Man erhält damit auch noch in der „Golf“-Klasse 2 l Hubraum mit heutzutage vermeintlich mageren 120 PS. Hier steht dafür ab Leerlaufdrehzahl ausreichend Kraft (Drehmoment) zu Verfügung, die prompt mit dem Gaspedaldruck einsetzt und mit steigender Drehzahl linear ansteigt und somit angenehmes Fahren erlaubt. Somit lässt sich der Motor sowohl mit bewährtem Schaltgetriebe als auch einigermaßen herkömmlicher Automatik gut verbinden (letztere arbeitet offenbar mit verstärkter Wandlerüberbrückung, die hoffentlich nicht die Langlebigkeit der klassischen Wandlerautomatik beeinträchtigt; bei Motoren unter 2 l Hubraum würde ich eher von automatisierten Getrieben abraten, da verlässliche Wandlerautomaten etwas Leistung
schlucken“ bzw. die nicht-lineare Leistungsabgabe kleiner Turbomotoren nicht ganz kompensieren können, während Doppelkupplungs- und CVT-Getriebe ihre Eigenheiten haben bzw. ihre Langzeithaltbarkeit fraglich ist). Auch die Federung erscheint für heutige Verhältnisse, wo den Wünschen vieler Motorjournalisten folgend eher sportlich und hart üblich ist, einigermaßen angenehm und ausgewogen.

Negativ fallen nur Randbereiche auf: Aufgrund der Verwandtschaft zum Mazda 6 und der aufwändigen Abgasanlage ist der Vorderbau des Fahrzeuges relativ lang. Damit mag der Wagen zwar optisch ansprechend wirken, er misst aber insgesamt 4,5 m, ohne innen maßgeblich mehr Platz als seine 20 cm kürzeren und auch nicht mehr wirklich kompakten Konkurrenten zu bieten. Für ein Stadtauto ist er damit eher groß, während der Gepäckraum
wie in der Kompaktklasse üblich für Urlaube zu viert knapp werden kann. Unverständlich ist für mich auch die Tendenz, den Armaturenbrettern Bildschirme aufzusetzen und selbst die Radiosenderwahl nur über Menüs zugänglich zu machen. Auch führt die aktuell moderne hohe Fensterkante dazu, dass hinten sitzende Kinder nur einen mäßigen Überblick über das Geschehen in der Außenwelt erhalten. Leider ist zumindest in Österreich kein Schiebedach zu haben. Umgekehrt ist bei maßvoller Ausstattung ein Endpreis nahe – heutzutage schon „günstiger“ – 20.000 Euro möglich.





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Philipp Lust, 2018                         www.lust.wien