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Kuriositäten

als Nebenerscheinung regulierungsbehördlicher Aufsicht



Übersicht:
                1. Einleitung
                2. Themen
                            a. Verweigerung der Kompetenz als Schlichtungsstelle
                                        Subthema einseitige Vertragsänderungen
                            b. Ignorieren selbst höchstgerichtlicher Entscheidungen
                            c. Änderungen beim lebenslang versprochenen "Sixback"-Tarif
                            d. "Großzügige" Verrechnung von Datenvolumina bei Alttarifen
                            e. "Handyverträge" als nicht höchst-persönliche Verträge?
                            f.  Die Wahrheit liegt nicht immer in der Mitte (RTR schützt Sky)
                            g. Auch BMVIT sieht keine Probleme für Endkunden
                            h. Keine Parteistellung für Kunden in Regulierungsverfahren

                            i.  Übersicht und Einteilung des Schlichtungsverfahrens
                            j.  Mitteilungsverordnung: Einmal Murks, immer Murks


1. Einleitung

Die Entscheidungen der Regulierunsgbehörden sind grundsätzlich öffentlich zugänglich (siehe die entsprechenden Verweise). Freilich ist manches aufgrund angeblicher Geschäftsgeheimnisse ausgeschwärzt. Auch ist das Rechtsgebiet samt den umfangreichen Bescheiden nicht gar so einfach, sodass mitunter eine gewisse Einlernzeit nötig ist, um die einzelnen Bescheide und deren Systematik zu verstehen (hierzu sollten auch meine Artikel und Bücher hoffentlich beitragen).

Während diese Bescheide regelmäßig das Verhältnis der Anbieter untereinander betreffen, bei denen die Behörde quasi beiläufig das öffentliche Interesse der Bevölkerung mitzuberücksichtigen hat, sind die Probleme der einzelnen Kunden oder die Tätigkeiten der Regulierungsbehörde als Schlichtungsstelle für Kunden nicht vollständig abgebildet.

Neben exemplarischen - und aufgrund der Eigenberichterstattung regelmäßig positiv dargestellten - Zusammenfassungen in den jeweiligen Tätigkeitsberichten werden trotz jährlich ca. 4.000 neuen Fällen bislang nur rund 15 Schlichtungsentscheidungen für so wichtig erachtet, dass sie vollständig veröffentlicht wurden. Rund 1/4 der neuen Fälle wird aus Formalgründen gar nicht erst behandelt, während man sich bei 1/2 eine Lösung zwischen Kunde und Anbieter ohne inhaltliches Einschreiten der RTR-GmbH erhofft. Entsprechend bleibt nur mehr ein Bruchteil zur Erarbeitung von behördlichen Lösungsvorschlägen übrig, wobei die RTR nur ca. 200 Fälle jährlich durch eigene Lösungsvorschläge "erledigt". Selbst hierbei werden sehr viele Angelegenheiten nur durch sehr oberflächliche und pauschale "Halbe-Halbe"-Vorschläge "gelöst", ohne sich mit der Problematik ordentlich auseinanderzusetzen oder dem Kunden eine faire und objektive Problembehandlung zu bieten (für Details siehe meinen Beitrag in "Zivilrecht aktuell" unter Punkt i. unten). Dennoch dauern die Verfahren regelmäßig viele Monate.

Entsprechend soll an dieser Stelle ein ergänzendes Kuriositätenkabinett aufgebaut werden, bei dem einzelne für die Kunden bislang nicht zufriedenstellend gelöste Bereiche angesprochen werden (aufgrund der Länge der vorerst noch nicht geteilten Seite empfiehlt sich die Auswahl der Themen über das Inhaltsverzeichnis ganz oben).

Wenn auch Sie positive wie negative Informationen zu interessanten Schlichtungsverfahren der RTR-GmbH haben, können Sie mir Ihre Unterlagen gerne zukommen lassen, damit ich einen besseren Überblick erhalte oder weitere Beispiele hier anführen kann (bitte entschuldigen Sie, falls ich nur mit Verzögerung antworten kann und bedenken Sie, dass ich keine Rechtsauskünfte im Einzelfall geben kann):

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Zu den Kuriositäten zählen auch kreativ ablehnende Zuständigkeitserklärungen der Behörde, die derzeit leider nahelegen, dass sie ihre zentrale Aufgabe, "die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit zuverlässigen, preiswerten, hochwertigen und innovativen Kommunikationsdienstleistungen" zu ermöglichen (§ 1 Abs. 1 TKG 2003), noch nicht ganz verstanden hat. Auch der Leiter der Rechtsabteilung in der RTR-GmbH hat mittlerweile öffentlich kundgetan, wie unwichtig ihm über das Argument eines "Massenverfahrens" seine Verpflichtungen zur effektiven und objektiven Abwicklung von Kunden-Schlichtungsverfahren sind. Entsprechend wird damit mein aktueller Eindruck indirekt belegt, wonach die Regulierungstätigkeit die Branche einseitig und vielfach ohne entsprechende Rechtsgrundlage fördert, während die eigentlich anzustrebenden Auswirkungen auf die Kunden regelmäßig in den Hintergrund geraten.

Nur die Sicherstellung des Kundennutzens kann eine reale Legitimation für die umfangreich wirtschaftslenkenden Maßnahmen in dem Sektor darstellen.


2. Themen

a. Verweigerung der Kompetenz als Schlichtungsstelle


b. Ignorieren selbst höchstgerichtlicher Entscheidungen

Ergänzung August 2015: Als es im Jahr 2015 erneut zu einer Abbuchung von 15 Euro unzulässiger Internet-Service-Pauschale durch A1 kam, genügte ein Schreiben samt Erinnerung an A1, um das Problem ohne die zweifelhafte Hilfe der RTR zu lösen. Zwar hat man eine schriftliche Antwort vermieden, jedoch hat A1 in einem Rückruf sowohl die Rückbuchung der 15 Euro als auch die Abstandnahme von der Inrechnungstellung künftiger Service Pauschalen immerhin mündlich zugesagt.


c. Änderungen beim lebenslang versprochenen "Sixback"-Tarif

Nach ihren abstraken Äußerungen im Vorfeld konnte die RTR im vorliegenden Fall keinen Lösungsvorschlag unterbreiten, der sämtliche Ansprüche des Kunden ablehnt. Auch liegen mittlerweile Gerichtsentscheidungen zur verpflichtenden Auszahlung des vollständigen Guthabens im Rahmen der Kündigung vor (z. B. BG für Handelssachen Wien 10. 10. 2013, 16 C 117/13t-16, bestätigt durch HG Wien 29. 10. 2014, 60 R 112/13w, wonach neben der gebotenen Guthabensauszahlung durch Drei zu Vertragsende selbst die konsequente "Guthabensverwertung" durch einen Kunden, der damit seine eigene 0900-Nummer anruft, keine außerordentliche Kündigung durch Drei rechtfertigt).

Dennoch hat die RTR auch in diesem Fall deutlich mehr Zeit benötigt als die zulässige 6-Monatsfrist, die europarechtlich zwischenzeitig auf 90 Tage reduziert wurde: gute 8 Monate! Freilich ist das noch keine Garantie für eine sorgfältige inhaltliche Abwicklung durch die RTR. Der Lösungsvorschlag der RTR vom 30. 7. 2015 empfiehlt zwar, dem Kunden für den Fall der Kündigung den vollen Guthabensbetrag auszubezahlen, geht sonst aber konsequent nicht auf die vom Kunden vorgebrachten Argumente und weiteren Probleme ein. Damit wird wieder einmal das Gebot eines objektiven und fairen Verfahrens verletzt. Für den Fall, dass der Kunde weiterhin bei seinem Anbieter Drei blieben will, empfiehlt die Behörde, dass er sich sämtlichen von Drei gewünschten Vertragsverschlechtungen einschließlich Aufgabe lebenslang beworbener Zusagen bedingungslos unterwirft. Damit empfiehlt die RTR mit ihrem Lösungsvorschlag ein gemäß OGH 20. 1. 2014,  4 Ob 115/13k, eindeutig rechtswidriges - weil schon gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoßendes - Ergebnis. Dem Kunden wird damit die Aufgabe des günstigen, bestehenden Vertages in Hoffnung auf die Guthabensrückzahlung nahegelegt.

Um Drei das Abschütteln seiner vertraglichen Verpflichtungen zu erleichtern, wird seitens der RTR bei den Ausführungen zu § 25 TKG nicht nur auf jegliches verfassungsrechtlich oder systematisch gebotene Verständnis verzichtet, sondern selbst in eindeutigem Widerspruch zum Gesetzeswortlaut behauptet, Drei könne sich auf das vermeintliche, einseitige Vertragsänderungsprivileg in § 25 TKG berufen, obwohl die gewünschten Änderungen ausschließlich Benachteiligungen für den Kunden beinhalten. In § 25 TKG heißt es hingegen "nicht ausschließlich begünstigend", sodass selbst unter rein formaler Betrachtung mangels jeglicher Begünstigung für den Kunden eine Inanspruchnahme des vermeintlichen Änderungsprivilegs mangels Erfüllung der "Voraussetzungen" ausscheidet (für Details siehe hier). Somit hat der Lösungsvorschlag der RTR auch diesbezüglich einen klar rechtswidrigen Inhalt.

Dass auf die Unzulässigkeit einer nachträglichen Service Pauschale gemäß dem obigen OGH-Erkenntnis "vergessen" wurde, vermag dabei auch nicht weiter zu erstaunen. Selbst nach der schon früher geprägten, spezifischen Rechtsansicht der RTR (die offenkundig auch nach dem OGH-Erkenntnis nicht revidiert wurde) hätte auffallen müssen, dass manche für lebenslang zugesagten Vertragsbestandteile ebenfalls entfallen sollten. Auf die Fragwürdigkeit von einseitig benachteiligenden Inflationsanpassungsklauseln, die weder die zugrunde liegenden Kosten berücksichtigen, noch im Sinne des Standes der Technik z. B. bei Internet in gleichem Zuge kompensierend mehr Übertragungsvolumen und -geschwindigkeit bieten, wurde ebenfalls nicht eingegangen.

Noch erstaunlicher ist aber, dass die RTR weder fähig war, in neun Monaten die übermittelte Korrespondenz ordentlich zu sichten, noch beim Kunden nachzufragen, noch innerhalb der Behörde die relevanten Geschäftsbedingungen zu finden, wo doch sämtliche Geschäftsbedingungen bei der Regulierungsbehörde gemeldet werden und zu prüfen wären. Ebenso kurios ist es, dass die Behörde sich nicht fragt, inwieweit Drei die Leistungen gegenüber dem Kunden einstellen darf. Vielmehr wird lapidar behauptet, es sei "Fakt, dass Hutchison den Tarif Sixback eingestellt hat". Anstatt sich damit auseinanderzusetzen, inwieweit das Unternehmen damit gegenüber dem Kunden vertragsbrüchig und schadenersatzpflichtig wird, wird ausgeführt, der Kunde könne nun außerordentlich kündigen, da der Vertragspartner seine Leistungserbringung eingestellt habe.

Es bestätigt sich damit wieder einmal der von Schneider im Presse Rechtspanorama geäußerte Eindruck: "Es ist unter den Anwälten, welche „Schockrechnungs-Mandanten“ vertreten, ein offenes Geheimnis, dass RTR-Schlichtungsverfahren oft wenig sinnvoll sind: einerseits wegen der teilweise langen Dauer, andererseits wegen der kundenfeindlichen „Spruchpraxis“ der Schlichtungsstelle, die zivilrechtliche Argumente, welche für den Kunden günstig sind (z.B. nebenvertragliche Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten des Netzbetreibers; Schadensminderungspflicht; laesio enormis; Unklarheitenregel etc.), oft ungenügend berücksichtigt. Durch den Gang zum Gericht kommen Kunden meist schneller und besser zum Recht."

Nach meinen Erfahrungen in sonstigen Schlichtungsverfahren und gemäß der von der RTR betonten "abschließenden Ansicht" ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass die RTR ihr verfehltes Verfahren im Sinne ihres gesetzlichen und europarechtlichen Auftrages neu aufrollt oder korrigiert, um dem Kunden doch noch die ihm gebührende objektive Auseinandersetzung unter Berücksichtigung seiner Vorbringen zu gewähren.


d. "Großzügige" Verrechnung von Datenvolumina bei Alttarifen


e. "Handyverträge" als nicht höchst-persönliche Verträge?


f.  Die Wahrheit liegt nicht immer in der Mitte (RTR schützt Sky)


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Gelegentlich gibt es auch schon vor Ablauf von 12 Monaten Überraschungen

Die Firma
Sky fällt nicht nur durch die Veruntreuung von Kundendaten, sondern auch dadurch auf, dass immer wieder falsche Beträge von den Kundenkonten abgebucht werden und man als Kunde sein Geld kaum je wieder sehen kann: die telefonische Hotline reagiert schnell, ist aber stets unzuständig und darf nicht zu den zuständigen Mitarbeitern weiterverbinden, während schriftliche Anfragen grundsätzlich unbeantwortet bleiben und höchstens durch automatisierte und regelmäßig falsche Mahnschreiben (später auch von Inkassobüros) und irgendwann durch die Einstellung des Fernsehempfanges quittiert werden. Im vorliegenden Fall soll es bei einem Vertrag über grob 30 Euro monatlich und somit 400 Euro im Jahr inklusive Vertragsabschlussgebühr trotz mehrerer Diensteunterbrechungen bereits vor Ablauf von 12 Monaten und nach Zahlung von 260 Euro einen Ausstand von weiteren 470 Euro geben (die Zahlen schwanken immer und werden kaum je aufgeschlüsselt). Somit war es ein guter Fall für die Schlichtungsstelle, ihren Einsatz für die Kunden unter Beweis zu stellen.


Leider ist die Behörde selbst hierbei trotz 9 Monaten "Überlegung" nur zu der "abschließenden Ansicht" gelangt, dass der Kunde die Hälfte der vermeintlich offenen Forderung und somit weitere ca. 240 Euro zahlen solle, ohne überhaupt auf sonstige Fragen wie die Verletzung des Datenschutzes einschließlich Telefonterror, die Diensteunterbrechungen, die Rückgabe der Geräte oder wenigstens die ORF-Freischaltung der Smartcard einzugehen. Dabei hat die Schlichtungsstelle ausdrücklich festgehalten, dass die Beweislast für die fragliche Forderung bei Sky liege und dass die von Sky angegebenen Zahlen "nicht nachvollziehbar" sind, sodass grundsätzlich auch von Seiten der RTR davon ausgegangen hätte werden müssen, dass der Kunde nichts mehr zu zahlen habe. Vertraglich gibt es für keinen über die gezahlten 260 Euro hinausgehenden Cent eine Grundlage, während eher über Schadenersatz einiges in die Gegenrichtung zum Kunden fließen sollte.

Das kafkaeske Ergebnis des 9-monatigen Verfahrens RSTR 2594/14 im stillen Kämmerlein mit dem Vorschlag, die Hälfte zu zahlen, ohne zu wissen, worüber man entscheidet, findet sich samt Anmerkungen hier. Gemäß telefonischer Auskunft vom 7. 7. 2015 sieht die RTR-GmbH in § 5 lit. a ihrer Verfahrensrichtlinien tatsächlich eine Grundlage dafür, dass sie aus "Billigkeit" von der Sachverhaltsermittlung absehen kann, wenn sie einfach eine pauschale und nicht weiter begründete "Halbe-Halbe"-Lösung unterbreiten möchte (siehe auch S. 13 des Lösungsvorschlages auf S. 15 der Datei zu RSTR 2594/14; in der Praxis scheint die RTR diese Variante häufig anzuwenden; im vorliegenden Fall hat sie trotz erkannter Zweifel an der vermeintlichen Forderung im Sinne der "Billigkeit" die Hälfte der fraglichen Forderung dem "armen" Anbieter zugesprochen, ohne irgendwie auf die Gegenforderungen des Kunden einzugehen - somit bedeutet "Billigkeit" bei der RTR grundsätzlich eine Benachteiligung des das Verfahren anregenden Kunden). Nachdem die Schlichtungsstelle der RTR-GmbH sich weder die Mühe gemacht hat, dem Problem auf den Grunde zu gehen, noch eine nachvollziehbare, angemessene Entscheidung zu treffen, hat sie ihren Auftrag nach § 122 TKG und Art. 34 der Universaldienstrichtlinie, für eine "transparente, nichtdiskriminierende, einfache und kostengünstige außergerichtliche [...] Beilegung von Streitfällen" zu sorgen, wieder einmal nicht erfüllt. Laut Schlichtungsstelle könne man den von ihr nicht geklärten "Sachverhalt natürlich auch vor einem Gericht klären lassen", wobei ihr die dortigen, prohibitiv hohen Gerichts- und Anwaltskosten bei einem Streitbetrag von 500 Euro nicht ganz bewusst zu sein scheinen.

Gemäß Auskunft selbst des Leiters der RTR-Rechtsabteilung ist es der RTR offensichtlich ziemlich egal, wie schlecht ihre Verfahren abgewickelt werden und wie sehr die RTR damit ihren gesetzlichen Auftrag nach einem fairen Verfahren verletzt, sodass die Hoffnung auf weitere Hilfe durch die RTR gering ist. Man wird wohl auf eine Klage warten müssen:
http://help.orf.at/stories/1761530/
 

Ergänzung September 2015: Schlussendlich hat sich anstelle von Sky immerhin das Inkassobüro die vermeintlichen Forderungen angesehen, sodass schlussendlich (und unabhängig vom zweifelhaften RTR-Verfahren) ein Angebot auf Einstellung des Betreibungsverfahrens bei Verzicht des Kunden auf Ablöse des Sky-Empfängers und auf Freischaltung der Karte für ORF-Empfang abgegeben wurde. Damit ist der Kunde im Vergleich zu ordentlicher Vertragserfüllung sicher schlechter gestellt, braucht sich aber keinem teuren Gerichtsverfahren stellen; gleichzeitig vermeidet Sky ein richterliches Präjudiz zu seinen Geschäftspraktiken.

Ähnliche Fälle:

Während es im obigen Fall immerhin zu einer aus Sicht der Behörde inhaltlichen Entscheidung gekommen ist, war sie bei anderen Fällen "erfolgreicher", indem sie ihre inhaltliche Zuständigkeit bereits aus Formalgründen abwehren konnte.

Im Verfahren RSTR 0836/15 stellte sie auf das allererste Schreiben der Sky Österreich Fernsehen GmbH ab, aus dem ableitbar war, dass Sky eine möglicherweise unrechtmäßige Forderung erhebt. Dass der Kunde in weiterer Folge wie in den RTR-Verfahrensrichtlinien gewünscht eine Klärung angestrebt hat und Sky auf wiederholte Briefe nicht reagiert hat, gab für die Behörde einen guten Grund ab, dass sie zu spät angerufen wurde und daher ein Schlichtungsverfahren "nicht mehr möglich" sei.

Auch Kulanz (§ 2 lit. e der RTR-Verfahrensrichtlinien) ist bei der RTR-GmbH ebenso ein Fremdwort wie reales Eintreten für Kundeninteressen im Sinne des Gesetzes, obwohl man gerade im Fall des Fernsehanbieters Sky erst über Umwege und einen nicht weiter veröffentlichten Beschluss der KommAustria vom 7. 8. 2003 erschließen kann, dass die RTR-GmbH für die Streitschlichtung in derartigen Angelegenheiten überhaupt zuständig ist (daher dürfte die RTR-GmbH bislang auch von einem umfangreicheren Ansturm geprellter Sky-Kunden verschont bleiben, auch wenn ihr gemäß telefonischer Auskunft vom 7. 7. 2015 bereits bewusst ist, "dass Sky nicht der vorbildliche Betreiber ist").

Nachdem man im obigen Verfahren nicht bereits beim abstrakten Problem als Schlichtungsstelle eingreifen wollte, kam es ein halbes Jahr später zum konkreten Problem, als Sky schlussendlich über sein Inkassounternehmen Infoscore Austria GmbH eine Rechnung über die irrige Forderung ausstellen hat lassen (bezeichnend ist, dass Sky selbst zwar beim Abbuchen vom Konto schnell ist, aber monatelang nicht zur Rechnungslegung fähig ist, während eigentlich eine fällige Rechnung Voraussetzung für die Abbuchung wäre). Hiermit war ein klarer Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit der RTR-Schlichtungsstelle gegeben, um nach Einspruch des Kunden aufgrund der Rechnung und erneuter Nicht-Antwort über 6 Wochen ein ordentliches RTR-Schlichtungsverfahren herbeizuführen.

Hier hat die RTR-GmbH gleich zweifach überrascht: Einerseits erfolgte die immerhin vierseitige Reaktion im Verfahren RSTR 1445/15 schon nach einem Tag, andererseits hat man wiederum Vorwände gefunden, wieso "in dieser Angelegenheit kein Schlichtungsverfahren" möglich sei. Einerseits hat man den Sachverhalt wie gewohnt schlampig erhoben (war hier aber immerhin schnell), andererseits fehlt jedoch eine schlüssige Begründung, wieso die RTR-GmbH in diesem Rechnungseinspruch nicht verpflichtet sein sollte, eine Lösung auszuarbeiten. Im wesentlichen verweist man auf das aus formalen Gründen nicht durchgeführte Verfahren RSTR 0836/15 und übersieht, dass ein inhaltlich nicht geführtes Verfahren keine negativen Auswirkungen auf ein davon gesondertes, laufendes Verfahren haben kann. Hier wurde klar im Einklang mit den Fristen der RTR-Verfahrensrichtlinien Einspruch gegen die erste verfügbare Rechnung erhoben, die Nichtreaktionsfrist des Anbieters abgewartet und danach die Eingabe an die RTR-Schlichtungsstelle gemacht (Auszug aus § 2 lit. b der RTR-Verfahrensrichtlinien: "Bei einer strittigen Rechnung bedeutet dies, einen fristgerechten schriftlichen Rechnungseinspruch  an  Ihren  Betreiber  zu  schicken." Somit kann die Frist zur Bestreitung einer Rechnung unmöglich vor deren Ausstellung zu laufen beginnen). Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Behörde wenigstens hier ihren Fehler korrigiert und im Einklang mit ihrem gesetzlichen Auftrag noch im Sinne des Verbrauchers tätig wird.


Dass es bei Sky immer wieder "Missverständnisse" zu Lasten der Kunden gibt, die sich trotz klar belegbarer Vereinbarungen seitens Sky kaum lösen lassen wollen und rasch an ein nahezu ähnlich unkooperatives Inkassounternehmen delegiert werden, zeigt sich auch an folgendem Artikel der Presse vom 26. 11. 2015:
Sky: Wie man Kunden zuverlässig vergrault
Gerade die Kommentare der online-Version legen ebenso wie gewisse Foren zum deutschen Mutterunternehmen nahe, dass sich die Probleme weniger auf eine fahrlässige Buchhaltung als mitunter auf eine bewusste und offenbar auch von der RTR geschützte Geschäftspolitik von Sky zurückführen lassen.


g. Auch BMVIT sieht keine Probleme für Endkunden


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RTR-Geschäftsführer Gungl, BMVIT Stöger, Breitbandbüro Ruzicka (2014)

Zwischenzeitig hat auch die RTR-GmbH in ihrem regelmäßig erscheinenden Telekom Monitor belegt, dass zwischen 2013 und 2014 die Endkundenpreise im Mobilfunk um etwa 30 % gestiegen sind (siehe z. B. S. 18 des Berichts für 2014, wobei der Behörde eher der jüngste Rückgang um 1,5 % von diesem hohen Niveau aus auffällt; auch ältere Berichte beschwichtigen bei der Erhöhung tendenziell). Aus meiner Sicht gibt es außer natürlichen Oligopoltendenzen keine schlüssige Erkärung dafür. Nachdem den spezifisch eingerichteten Regulierungsbehörden (Telekom Control Kommission und RTR-GmbH) keinerlei Besonderheiten aufgefallen sind, untersucht den Fall nun immerhin federführend die Bundeswettbewerbsbehörde, wobei sich das Ergebnis aufgrund von Personalengpässen verzögert (die Anbieter im Telekom-Bereich wird das nicht sonderlich stören).


Während dem Leiter der Rechtsabteilung in der RTR-GmbH im Herbst 2014 "immer öfter" stattfindende "Preiserhöhungen mit verstörender Regelmäßigkeit" und eine verlangsamte "Wettbewerbsdynamik" aufgefallen sind, die in letzter Konsequenz auch ein preisregulierendes Eingreifen der Behörde gebieten könnten (so klar wurde das meines Wissens von der Behörde zuvor nie formuliert), scheint sich nun die Situation wieder anders darzustellen. Das Auftreten von HoT als freiwilligem Untermieter auf dem Netz von T-Mobile scheint als Feigenblatt dafür herzuhalten, dass der Leiter der RTR-GmbH im Sommer 2015 wieder "Dynamik" und immerhin "stagnierende Preise" erkennt: Trotz der massiven Preisanhebungen ohne ersichtlichen Grund lägen die Preise für ihn "im günstigen Bereich". Es steht also weiterhin zu befürchten, dass mitunter auch die Telekom Control Kommission in ihrem aktuellen Marktmachtverfahren M 1/15 keinen Bedarf für einen Schutz des Kunden vor oligopolistisch überhöhten Preisen erkennt.

Nachdem weder die Europäische Kommission noch die nationalen Regulierungsbehörden vor lauter Blick auf "ihre" Branche und die "Vorleistungsregulierung" allzu viele Gedanken an niedrige oder angemessene Preise bei den Endkunden verschwenden dürften (siehe z. B. hier und ausführlicher hier), bestünde immerhin die Hoffnung, dass der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie als Aufsichtsbehörde darauf achten könnte oder die Volksvertreter im Parlament darauf achten.

Letzteres scheint aktuell nur von der Fraktion der Grünen zu erwarten sein. Diese haben am 23. 9. 2014 einen Initiativantrag (603/A, GP XXV) zu einem kundengerechten und den allgemeinen verfassungsrechtlichen Erfordernissen entsprechenden § 25 TKG (siehe z. B. knapp hier und ausführlicher hier und hier) eingebracht. Unter den Volksvertretern im Parlament, die den großen Unternehmen näher als ihren Bürgern zu sein scheinen, wurde bislang keine Entscheidung gefällt. Stattdessen soll gemäß aktueller Vorschläge des BMVIT § 25 TKG im Jahr 2015 ohnehin wieder einmal geändert werden, wobei die zentralen Probleme erneut unberührt bleiben sollen.

Auch die parlamentarische Anfrage (4669/J, GP XXV) zur regulatorischen Verantwortung für die steigenden Mobilfunktarife wurde 2015 gemäß der realpolitischen Praxis sehr zurückhaltend beantwortet. Immerhin geht aus der Antwort vom 23. 6. 2015 (
4549/AB, GP XXV) durch Bundesminister Stöger hervor, dass er ähnlich vehement wie die RTR-GmbH für ein einseitiges Vertragsänderungsprivileg der Telekom-Anbieter gegenüber ihren Kunden eintritt und der Kundenschutz nachrangig ist (v. a. S. 1 bis 3). Angeblich wären auch die Arbeiterkammer und der Verein für Konsumenteninformation dieser Meinung (meiner Meinung nach mag das bei der seiner Partei nahe stehenden Arbeiterkammer denkbar sein, beim VKI hätte ich jedoch meine Zweifel, ob er wirklich dieselbe Rechtsansicht teilt).

Mit der Rechtsprechung der Höchstgerichte scheint es der Bundesminster jedoch ähnlich wie die Regulierungsbehörde nicht so genau zu nehmen (S. 2 der Antwort). Der Wettbewerbssenat des OGH hat nach Andeutungen in seinem Erkenntnis 4 Ob 227/04w vom 20. 3. 2007 in 4 Ob 115/13k vom 20. 1. 2014 klar sein sinnvolles Verständnis zum Ausdruck gebracht, wonach das TKG 2003 keine einseitigen Vertragsänderungen ohne Zustimmung ermöglicht (siehe auch hier). Die anderen Senate des OGH haben sich hingegen immer an den zweifelhaften Entscheidungen zum TKG 1997 orientiert, ohne auf Details zur neuen Rechtslage einzugehen. Auch die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Stromsektor, EuGH 23. 10. 2014 verb. Rs. C-359/11, C-400/11 – Schulz, dürfte Bundesminister Stöger übersehen haben, als er den Grünen auf S. 2 eine "offenkundig verfehlte" Rechtsansicht unterstellt hat und behauptet, ähnlich kundenbenachteiligende Regeln wären in den vom BMWFW zu beaufsichtigenden Branchen der Strom- und Gasversorgung üblich (allenfalls gibt diese Aussage einen Hinweis darauf, auf welcher Fährte die lobbygetriebene Politik unterwegs ist, die allgemeine Rechtsgrundsätze nur soweit berücksichtigt, als sie ihr selbst dienen; auf verfassungsrechtliche Grundrechte ist in der Anfragebeantwortung nämlich nur beim Schutz der Anbieter, nicht aber beim Schutz der Kunden hinsichtlich ihrer vertraglichen Rechte eingegangen worden, S. 4). Ähnlich wie bei der Regulierungsbehörde dürfte auch bei Bundesminister Stöger die Offenheit für neue Argumente bei diesem Thema nur in eingeschränktem Maß vorhanden sein.

Im Übrigen beweist auch die Anfragebeantwortung durch Bundesminister Stöger, dass man ein sehr formales Verständnis vom regulierten Wettbewerb in der Telekommunikation hat (S. 3 bis 8 der Anfragebeantwortung). Entsprechend scheint die formale Legitimation durch Verfahren im bereits von Luhmann kritisierten Sinne Vorrang vor dem Streben nach einem als gerecht nachvollziehbaren, inhaltlichen Erreichen von wettbewerbsnahen und damit auch die realen Interessen der Kunden regelmäßig zufrieden stellenden Verhältnissen zu haben (siehe insb. S. 5 zu den Paradoxien der zahlreichen definierten Märkte, während man das Fehlen von Marktzutrittschancen und einer langfristigen Wettbewerbstendenz im Mobilfunk, in dem nur drei Unternehmen technisch und rechtlich bedingt eine Funklizenz haben, gerne übersieht; stattdessen verweist man nun gemäß S. 6 wieder gerne auf Wiederverkäufer und vergisst auf die Wertungswidersprüche zur Vorgehensweise im Festnetz).

Übersehen wird dabei auch, dass ein Kartell weniger Anbieter, das zu hohe Preise an die Kunden verrechnet, kaum durch Reduktion der Einkaufspreise auf Großhandelsebene im Sinne der "Vorleistungsregulierung" verhindert werden kann
(S. 2 bis 3). In Wahrheit kann das Oligopolproblem nur durch Verhinderung von überhöhten Endkundenpreisen über direkte Eingriffe im Sinne der Kunden gelöst werden.

Dabei entsteht teilweise auch der Eindruck, als fühle sich das BMVIT weniger als Aufsichtsorgan gegenüber der RTR-GmbH, sondern als fungiere es als erweitertes Sprachrohr derselben. So dürfte ähnlich wie bei der RTR-GmbH (S. 140 des Kommunikationsberichts 2013) das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. 10. 2012, 2012/03/0067, auch von Bundesminister Stöger (S. 3) sehr spezifisch dahingehend verstanden werden wollen, dass der Regulierungsbehörde bei der Prüfung von Geschäftsbedingungen nur eine beschränkte Prüfungsbefugnis zukomme. Für den neutralen Leser kann aus dem Erkenntnis aber ebenso abgeleitet werden, dass freilich eine detaillierte und begründete Prüfung von Geschäftsbedingungen durch die Regulierungsbehörde geboten ist. Insoweit kann die Tatsache, dass sich viele regulierungsbehördlich akzeptierte Klauseln schlussendlich beim OGH als unzulässig herausstellen, auch anders verstanden werden: Da das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) seit zwei Jahrhunderten recht stabil ist, kann durchaus angenommen werden, dass die Behörde bei ihrer Prüfung nach § 25 TKG mitunter eher regelmäßig Details "übersehen" hat, als dass sich in den wenigen Jahren ihrer Tätigkeit Grundlegendes im bürgerlichen Recht verändert hätte.

Selbst wenn dem so wäre
und das aktuelle Telekommunikationsrecht keine ausreichende Handhabe zum Schutz des Kunden bieten sollte, läge es am zuständigen Bundesminister, zusammen mit seinem Koalitionspartner im Parlament für eine entsprechende Verbesserung der Gesetze zu werben. Bis dahin bleibt einer Oppositionspartei wohl nichts anderes übrig, als die Leiterin der Telekom Control Kommission nach Art. 52 Abs. 1a B-VG zu einer parlamentarischen Ausschussbefragung zu laden, um weitere Hintergründe zur Regulierungstätigkeit zu erfahren.

Ergänzung März 2016: Nach gut zweijährigen Untersuchungen sind sowohl die Telekom-Regulierungsbehörde als auch die Bundeswettbewerbsbehörde im März 2016 zum Schluss gekommen, dass die 30-prozentigen Preisanstiege bei Endkunden angesichts des zwischenzeitigen Rückgangs auf "nur" mehr 15 Prozent unproblematisch sind. Bereits im November 2015 hat auch das nationale Parlament mit der jüngsten TKG-Novelle bekräftigt, weiterhin in den entscheidenden Belangen von einem besseren Kundenschutz absehen zu wollen. Es ist daher zu befürchten, dass auch die aktuellen Breitbandförderungen eher den unmittelbaren Vorteil für die Anbieter als den volkswirtschaftlich eigentlich relevanten Vorteil für die Allgemeinheit erreichen.

Für weitere Informationen siehe hier und hier.

h. Keine Parteistellung für Kunden in Regulierungsverfahren


Abweisung
Die TCK interpretiert den "Nutzer" aus dem Nutzerbegriff heraus und
das BVwG gibt ihr drei Jahre später recht


Historisch hat das österreichische Telekommunikationsgesetz hierfür keine subjektiv durchsetzbaren Rechte für die einzelnen Kunden gewähren wollen. Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie gibt jedoch vor, dass es "wirksame Verfahren gibt, nach denen jeder Nutzer oder Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze und/oder -dienste, der von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde betroffen ist, bei einer von den beteiligten Parteien unabhängigen Beschwerdestelle einen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einlegen kann." Nach Art. 2 lit. h ist als "Nutzer" dabei "eine natürliche oder juristische Person, die einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst in
Anspruch nimmt oder beantragt", zu verstehen.

Über die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (insb. EuGH 21. 2. 2008, C-426/05 [Tele2/TCK] Slg 2008, I-685, insb. Rz. 34 ff, und darauf aufbauend VwGH 26. 3. 2008, 2008/03/0020) wurde klargestellt, dass einer "betroffenen Partei" im Sinne des effektiven Rechtsschutzes auch entsprechende Rechtsmittelbefugnisse gegen Entscheidungen der Behörde zustehen müssen. Insoweit könnten seither auch Kunden, die die Voraussetzungen der Betroffenheit erfüllen, grundsätzlich als Partei am Verfahren mitwirken und Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde erheben. Der Leiter der RTR-Rechtsabteilung hat schon seinerzeit dafür plädiert, den Endkunden als Nutzer besser aus dem Nutzerbegriff "teleologisch" herauszureduzieren, da die Verfahren ohne Beteiligung der Kunden leichter administrierbar sind. Seit Ende 2011 ist hingegen auch § 37a des nationalen TKG neutral formuliert und erlaubt in Abs. 3 jeglichen Personen, die von den Regulierungsentscheidungen betroffen sind, eine Teilnahme als Partei.

Mit ihrem Bescheid M 1/15-42 vom 15. 6. 2015 argumentierte die Telekom Control Kommission dennoch, dass ein Endkunde entgegen dem Wortlaut und der oben angeführten Judikatur kein Nutzer sei und daher nicht an dem ihn betreffenden Wettbewerbsregulierungsverfahren teilnehmen kann. Begründet wurde es damit, dass die bisher Fälle von Konkurrenten behandelnde Judikatur auf  "im Wettbewerb stehende" Marktteilnehmer abgestellt hat. Daher schloß die Behörde jenseits des klaren Wortlauts der neutralen nationalen Vorgabe wie auch der europarechtlichen Vorgabe "Nutzer oder Anbieter", dass nur "in Wettbewerb stehende Nutzer und Anbieter" erfasst seien. Da "Nutzer" nicht in Wettbewerb mit den Anbietern stehen, ging die Behörde in Widerspruch zum klaren Wortlaut "Nutzer oder Anbieter" davon aus, dass lediglich "in Wettbewerb stehende Anbieter" erfasst werden, jedoch keinerlei "Nutzer". Ob das der Sinn der alternativen Angabe zweier Begriffe in der europarechtlichen Richtlinie war, ist zweifelhaft.

In weiterer Folge hat die Behörde nicht die vorgebrachten subjektiven Rechte im Zusammenhang mit Endkundenpreisobergrenzen geprüft, sondern die für Anbieter relevanten Rechte im Zusammenhang mit dem Marktanalyseverfahren nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie. Hierbei wurde jedoch darauf vergessen, dass das auch für den Kunden entscheidende Marktanalyseverfahren mittlerweile in das Verfahren zur regulierungsbehördlichen Auferlegung von Verpflichtungen integriert wurde. Entsprechend wäre ein Kunde, der seine aus der Universaldienstrichtlinie und der Zugangsrichtlinie abgeleiteten Rechte zur Endkundenpreisregulierung wahren möchte, auch bereits in die frühen Teilbereiche des Verfahrens im Bereich der Marktanalyse einzubinden.

Die Beschwerde gegen den Bescheid der Regulierungsbehörde wurde daraufhin durch das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren W120 2112246-1/5E geprüft. Entgegen der gesetzlichen Pflicht zur Entscheidung ohne unnötigen Aufschub bzw. spätestens nach einem halben Jahr hat sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) jedoch Zeit gelassen. Augenscheinlich leider weniger, um die Angelegenheit sorgfältig zu prüfen, sondern eher, indem der Fall trotz regelmäßigen und teils massiven Personalaufstockungen einfach liegen gelassen wurde. Entsprechend enttäuschend ist es, dass es trotz reinen Aktenverfahrens ohne jegliche Verhandlung für die Entscheidung schlussendlich drei Jahre (!) gedauert hat, und das Erkenntnis dennoch über weite Strecken eher wie eine pauschale Übernahme der TCK-Argumentation wirkt. Entsprechend wird weniger im Detail auf die aufgeworfenen Fragen und die Bedeutung des Begriffs "Nutzer" in Abgrenzung vom "Anbieter" eingegangen, sondern über das Pauschalargument, ein Kunde sei kein Wettbewerber, eine tiefer gehende inhaltliche Auseinandersetzung vermieden.

Hier gibt es das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts
vom 18. 6. 2018 im Verfahren W120 2112246-1/5E in voller Länge im Original bzw. im RIS.

Somit stellt sich die Frage, auf welchem Weg der Kunde seine Rechte dann wahren soll: Das unverbindliche Schlichtungsverfahren nach § 122 TKG verfehlt aufgrund der in den obigen Punkten dargestellten Herangehensweise der RTR-GmbH regelmäßig seinen Zweck. Eine gerichtliche Klärung durch jeden einzelnen Kunden ist angesichts der Bagatellbeträge und der zu diesen in Widerspruch stehenden Verfahrenskosten auch nicht tunlich. Die bisher ohne Beteiligung der Kunden durchgeführten Wettbewerbsregulierungsverfahren der TCK haben auf Behördenseite die hinreichende amtswegige Berücksichtigung der Kundeninteressen hingegen ebenfalls vermissen lassen.

Es sieht leider aus, als hätte das Bundesverwaltungsgericht einfach einen weiteren Hinweis gegeben, dass das sektorspezifische Regulierungsrecht weder der gesamtwirtschaftlichen Effizienz noch dem Wohl des Kunden dient. Vielmehr handelt es sich um ein bürokratisches System, das innerhalb des Sektors gewissen Marktteilnehmern Ertragsmöglichkeiten schafft, die es nur im administrativ geschaffenen Pseudowettbewerb gibt. Die Kosten dieser Erträge hat historisch der Ex-Monopolist getragen, zwischenzeitig ist es jedoch eher der Kunde, der unnötig vielen Marktteilnehmern, Aufsehern und Rechtsvertretern eine Lebensgrundlage verschaffen muss, die es weder im ungeregelten Oligopol noch bei einer kundenorientierten Aufsicht bedürfte. Aufgrund intensiven Lobbyismus der Nutznießer ist von einem Abbau der sektorspezifischen Regulierung nicht einmal mehr im Bereich der Telekommunikation, die schon seit zwei Jahrzehnten "vollständig liberalisiert" ist, die Rede. Da passt es nur, dass dem Kunden im Rahmen der Regulierung keine relevanten Rechte eingeräumt werden...

i. Übersicht und Einteilung des Schlichtungsverfahrens


Logo Anhang BGBl I 2015/105
Die Bewährungsprobe steht der Verbraucherschlichtung noch bevor

Die jährlich etwa 4.000 neu eingebrachten Schlichtungsfälle bei der RTR-GmbH teilen sich grob wie folgt auf:
Grob ein Viertel der Fälle scheitert an Verfahrensmängeln; in grob der Hälfte fungiert die Behörde als bloße "Briefträgerin", sodass ohne weitere behördliche Tätigkeit eine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann. Während weitere gut 5 % der Anträge inhaltlich abgewiesen werden, werden weitere 200 Fälle (somit weitere rund 5 %) ebenfalls "inhaltlich", aber zumindest partiell im Sinne des Kunden entschieden. Gemäß den aktuellen europarechtlichen Vorgaben und dem immerhin ab 2016 anwendbaren AStG sollten die Hürden für die Streitschlichtung im Sinne der Kunden etwas abnehmen, während die inhaltliche Qualität der "Entscheidungen" deutlich zunehmen sollte.

Für die ausführliche Darstellung samt Würdigung siehe meinen Beitrag "Zu Sinn und Unsinn der Verbraucherschlichtung am Beispiel Telekom" in "Zivilrecht aktuell", für eine knappe Fassung siehe hier. Für die statistischen Hintergründe siehe die Daten aus dem von der RTR-GmbH verfassten Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle 2014. Die wenigen von der Regulierungsbehörde veröffentlichten Schlichtungsentscheidungen finden sich hier.

Auch die aufgrund des Gesetzes zur alternativen Streitbeilegung revidierten, neuen Verfahrensrichtlinien der RTR-GmbH ab 2016 haben keine allzu starke Revision im Sinne der Kunden erfahren. Die Vorschläge im Rahmen des vorangegangenen Konsultationsverfahrens wurden in gewohnter Weise weitgehend ignoriert. Damit bezeugt die Behörde erneut, dass es ihr allenfalls um formale "Legitimation durch Verfahren", aber kaum um inhaltlich sinnvolle Bewältigung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben zu gehen scheint. Immerhin scheint es, als würden die Ansprüche der allgemeinen Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte deutlich höher liegen als die der für den Kommunikationssektor zuständigen RTR-GmbH.

j. Mitteilungsverordnung: Einmal Murks, immer Murks

einseitige Vertragsverschlechterung
So hat nach Ansicht der Behörde jegliche Benachteiligung des Kunden ihre Ordnung

Nach Ansicht der RTR-GmbH gelte im Kommunikationssektor die klassischerweise wechselseitige Vertragsbindung nur einseitig zugunsten des tendenziell ohnehin übermächtigen und vertragsvorgebenen Anbieters, anstatt in gleichem Maße auch zugunsten des Kunden zu wirken. Dass die Kundenpreise trotz sinkender Kosten tendenziell steigen, scheint die intensiv in den Markt eingreifende Behörde nicht weiter zu stören. Entsprechend konnte auch der Gesetzgeber im Rahmen der TKG-Novelle 2015 überzeugt werden, dass weitere Erleichterungen bei sogenannten "nicht ausschließlich begünstigenden Änderungen von Verträgen" für die Anbieter von "essenzieller Bedeutung" sind. Umso mehr hatte die RTR-GmbH vor, den Anbietern das Ausloten der Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden auch auf kostengünstigem E-Mail-Weg zu ermöglichen.

Nachdem "Die Presse" auf dieses besonders anbieterfreundliche Vorhaben öffentlich aufmerksam gemacht hat, musste man seitens der RTR-GmbH im Rahmen der Erörterung des Verordnungsentwurfs die ursprünglichen Pläne ausnahmsweise partiell aufgeben. Freilich ist es nicht zu einer Mitteilungsverordnung gekommen, die die Kunden real vor ihren Anbietern schützen oder bloß das zivil- und verfassungsrechtliche Umfeld hinreichend berücksichtigen würde. Immerhin hat sich aber für den Kunden nicht viel verschlechtert: Kunden mit Papierrechnung müssen weiterhin immerhin per Brief über bevorstehende Vertragsverschlechterungen informiert werden, während anonyme Wertkartenkunden und Kunden mit elektronischen Rechnungen nun auch mit elektronischen Mitteilungen über Tarifanhebungen Vorlieb nehmen müssen. Da die Behörde auf ihrem ursprünglichen Novellierungsentwurf aufgebaut hat,
ist die Verordnung freilich weder kürzer noch leichter lesbar geworden.

Ebenso geht weiterhin unter, dass in einem von sinkenden Kosten geprägten Sektor wie der elektronischen Kommunikation eher wichtig wäre, dass Preisvorteile an die Kunden weitergegeben werden, anstatt die Tarifanhebung durch das Oligopol der Anbieter behördenseitig zu erleichtern - noch dazu, wenn die Behörde und das Telekommunikationsrecht ja eigentlich den volkswirtschaftlich relevanten Wettbewerb (und nicht die überschaubaren Wettbewerber) fördern sollen (ähnliche Ansprüche fehlen trotz umfangreicher staatlicher Beihilfen bei "schnellen" Breitband-Internetanschlüssen, bei denen vielfach mit irrealen "bis zu"-Werten geworben wird).




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Philipp Lust, 2018                         www.lust.wien