Kuriositäten
als Nebenerscheinung
regulierungsbehördlicher Aufsicht
Übersicht:
1. Einleitung
2. Themen
a. Verweigerung der
Kompetenz als Schlichtungsstelle
Subthema einseitige
Vertragsänderungen
b. Ignorieren selbst
höchstgerichtlicher Entscheidungen
c. Änderungen beim lebenslang
versprochenen "Sixback"-Tarif
d. "Großzügige" Verrechnung von
Datenvolumina bei Alttarifen
e. "Handyverträge" als nicht
höchst-persönliche Verträge?
f. Die
Wahrheit liegt nicht immer in der Mitte (RTR schützt Sky)
g. Auch BMVIT sieht keine Probleme
für Endkunden
h. Keine Parteistellung für Kunden
in Regulierungsverfahren
i. Übersicht und Einteilung des
Schlichtungsverfahrens
j. Mitteilungsverordnung: Einmal Murks,
immer Murks
Die Entscheidungen
der Regulierunsgbehörden sind grundsätzlich öffentlich
zugänglich (siehe die entsprechenden Verweise).
Freilich ist manches aufgrund angeblicher Geschäftsgeheimnisse
ausgeschwärzt. Auch ist das Rechtsgebiet samt den umfangreichen
Bescheiden nicht gar so einfach, sodass mitunter eine gewisse
Einlernzeit nötig ist, um die einzelnen Bescheide und deren Systematik
zu verstehen (hierzu sollten auch meine Artikel
und Bücher hoffentlich beitragen).
Während diese Bescheide regelmäßig
das Verhältnis der Anbieter untereinander betreffen, bei denen die
Behörde quasi beiläufig das öffentliche Interesse der Bevölkerung
mitzuberücksichtigen hat, sind die Probleme
der einzelnen Kunden oder die Tätigkeiten
der Regulierungsbehörde als Schlichtungsstelle für Kunden nicht
vollständig abgebildet.
Neben exemplarischen - und aufgrund
der Eigenberichterstattung regelmäßig positiv dargestellten -
Zusammenfassungen in den jeweiligen Tätigkeitsberichten
werden trotz jährlich ca. 4.000 neuen Fällen bislang nur rund 15
Schlichtungsentscheidungen für so wichtig erachtet, dass sie vollständig
veröffentlicht
wurden. Rund
1/4 der neuen Fälle wird aus Formalgründen
gar nicht erst behandelt, während man sich bei
1/2 eine Lösung zwischen Kunde und Anbieter ohne
inhaltliches Einschreiten der RTR-GmbH erhofft. Entsprechend
bleibt nur mehr ein Bruchteil zur Erarbeitung von behördlichen
Lösungsvorschlägen übrig, wobei die RTR
nur ca. 200 Fälle jährlich durch eigene Lösungsvorschläge
"erledigt". Selbst hierbei werden sehr viele Angelegenheiten
nur durch sehr oberflächliche und pauschale
"Halbe-Halbe"-Vorschläge "gelöst", ohne sich mit der
Problematik ordentlich auseinanderzusetzen oder dem Kunden eine faire
und objektive Problembehandlung zu bieten (für Details siehe meinen
Beitrag in "Zivilrecht aktuell"
unter Punkt i. unten). Dennoch
dauern die Verfahren regelmäßig viele Monate.
Entsprechend soll an dieser Stelle
ein ergänzendes Kuriositätenkabinett
aufgebaut werden, bei dem einzelne für die Kunden bislang nicht
zufriedenstellend gelöste Bereiche angesprochen werden (aufgrund der
Länge der vorerst noch nicht geteilten Seite empfiehlt sich die Auswahl
der Themen über das Inhaltsverzeichnis ganz oben).
Wenn auch Sie – positive
wie negative –
Informationen zu interessanten
Schlichtungsverfahren der RTR-GmbH haben, können Sie mir Ihre Unterlagen
gerne zukommen lassen, damit ich einen besseren Überblick erhalte oder
weitere Beispiele hier anführen kann (bitte entschuldigen Sie, falls ich
nur mit Verzögerung antworten kann und bedenken Sie, dass ich keine
Rechtsauskünfte im Einzelfall geben kann):
Zu den Kuriositäten zählen auch kreativ ablehnende
Zuständigkeitserklärungen der Behörde, die derzeit leider
nahelegen, dass sie ihre zentrale Aufgabe, "die
Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit zuverlässigen,
preiswerten, hochwertigen und innovativen
Kommunikationsdienstleistungen" zu ermöglichen (§ 1 Abs. 1 TKG
2003), noch nicht ganz verstanden hat. Auch der Leiter
der Rechtsabteilung in der RTR-GmbH hat mittlerweile öffentlich
kundgetan, wie unwichtig ihm über das Argument eines "Massenverfahrens"
seine Verpflichtungen zur effektiven und objektiven Abwicklung von
Kunden-Schlichtungsverfahren sind. Entsprechend
wird damit mein aktueller Eindruck indirekt belegt, wonach die
Regulierungstätigkeit die Branche einseitig und vielfach ohne
entsprechende Rechtsgrundlage fördert, während die eigentlich
anzustrebenden Auswirkungen auf die Kunden regelmäßig in den Hintergrund
geraten.
- Was hilft es, wenn Anbietern immer
niedrigere Kosten entstehen, sie ihre Dienste aber nur zu immer
höheren Preisen an die Kunden verkaufen?
- Sollten nicht gerade offene und
faire Marktbedingungen sichergestellt werden, um neuen
Marktteilnehmern wie z.B. voice
over IP-Anbietern keine Hindernisse in den Weg zu legen und
umgekehrt die Kunden davor zu bewahren, überhöhte Oligopolrenten an
ihre Anbieter zu zahlen? Gleiches gilt umso mehr für das aktuelle
Bestreben der Europäischen Kommission, die Netzneutralität
im Internet auszuhöhlen, um große Netzbetreiber weitgehend vor dem
Wettbewerb durch internetbasierte Diensteanbieter zu schützen.
- Immerhin sollten die zwar
ebenfalls vagen Vorgaben des Alternative-Streitbeilegung-Gesetzes
(AStG) ab 2016 zu einer gewissen Verbesserung auch des
RTR-Streitbeilegungsverfahrens führen und jedenfalls eine
Überarbeitung der RTR-Verfahrensrichtlinien
erfordern. Dass es damit auch zu einem wirklichen Wandel in Richtung
Kundenorientierung bei der RTR-GmbH kommt, ist jedoch zu bezweifeln.
Nur
die Sicherstellung des Kundennutzens
kann eine reale Legitimation
für die umfangreich wirtschaftslenkenden Maßnahmen in dem Sektor
darstellen.
2. Themen
a.
Verweigerung der Kompetenz als Schlichtungsstelle
- angeblich keine
Schlichtungs-Zuständigkeit bei zivilrechtlichen Fragen, die noch
nicht endgültig von den Gerichten gelöst wurden
-> Wozu gibt es dann ein Schlichtungsverfahren, das den
Gerichtsweg vermeiden soll?
Was bringt eine Behörde, die ihre Aufgaben nicht wahrnimmt?
Siehe die Reaktion der RTR-GmbH auf einen Schlichtungsantrag im
Zusammenhang mit einseitigen Tarifanpassungen (RSTR
3228/14, insb. 4. Absatz auf
Seite 3; das
Dokument wurde um handschriftliche Anmerkungen ergänzt). An sich ist
die RTR-GmbH einerseits als Geschäftsstelle der für die
Regulierungsentscheidungen zuständigen Telekom Control Kommission
(TCK) eingerichtet und hat andererseits eigene Zuständigkeiten wie
z.B. für Schlichtungsverfahren. Das obige Schreiben belegt, dass sich
die RTR-GmbH offenbar kaum Gedanken zu den Vorgängen am
Telekommunikationsmarkt macht und nicht einmal den ihr nach
europarechtlichen oder nationalen Vorgaben zukommenden Aufgabenbereich
allzu ernst nimmt. Ihrem auf der Website
angeführten Anspruch, "dem fairen
Wettbewerb und dem Gesetz verpflichtet" zu sein und "kompetent,
unabhängig, transparent, serviceorientiert und schnell im Sinne des
Konsumenten [...] zu
entscheiden" wird sie in der Praxis offensichtlich nicht
gerecht. Wie sich an meinen Publikationen
und den unten angeführten Folgebeispielen zeigt, trifft ähnliches
leider regelmäßig auch auf die TCK
als zentrale Regulierungsbehörde zu.
Dem Verfahren liegt ein Antrag
an die Schlichtungsstelle hinsichtlich nicht nachvollziehbarer
Tariferhöhungen im Festnetz einschließlich Wucher
(durch Aufschläge jenseits 100 %) zugrunde. Am 11. 11. 2014
wurden der Behörde nochmals die Gründe für ihre schon europarechtlich
nach Art. 34 der Universaldienstrichtlinie
gebotene Zuständigkeit für "transparente,
nichtdiskriminierende, einfache und kostengünstige
außergerichtliche Verfahren zur Beilegung von Streitfällen"
dargelegt (S. 4) und auch Tabellen zur wachsenden Spreizung zwischen
sinkenden Kosten auf Großhandelsebene und steigenden Preisen auf
Endkundenebene übermittelt (S. 3; siehe hier).
Es ist daher zu hoffen, dass noch eine positive Entscheidung erfolgen
wird, auch wenn seither wiederum etwas Zeit ohne inhaltliche
Rückmeldung vergangen ist (nachdem das Schlichtungsverfahren kein
förmliches Verfahren darstellt, gibt es kaum
Überprüfungsmöglichkeiten; selbst Amtshaftungsansprüche erscheinen
angesichts des grundsätzlich offenstehenden, aber prohibitiv teuren
Gerichtsweges kaum möglich, sodass neben behördeninternen Maßnahmen
gegen untätige Mitarbeiter oder Befassung der Volksanwaltschaft
vorwiegend in einem Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen
Kommission überprüft werden könnte, inwieweit Österreich
europarechtliche Vorgaben verletzt; freilich kommen dem Kunden auch
hier nur Anregungsrechte ohne durchsetzbares Recht auf eine
Entscheidung zu).
Rechtlicher
Hintergrund und einseitige Vertragsänderungen:
In dem zugrundeliegenden Verfahren kommen folgende, von der Behörde
vorerst nicht weiter behandelte Argumente vor: verfassungsrechtliche
Kritik an der Ansicht zu § 25 TKG; inäquivalente
Änderung der Geschäftsgrundlage; Auseinanderklaffen von
sinkenden Kosten des Anbieters und steigenden Endkundenpreisen; gemäß
zivilrechtlichen Vorschriften zu Wucher
unzulässige Tarife benachteiligen den Kunden und
widersprechen dem Ziel des Telekommunikationsgesetzes, eine "Versorgung
der Bevölkerung mit preiswerten Kommunikationsdienstleistungen"
sicherzustellen, sodass sie behördlich nicht gebilligt werden dürften
(§ 25
Abs. 6 TKG) bzw. über §
43 TKG zu untersagen wären...
Viele dieser Argumente sind auch auf die häufiger anzutreffenden und
teils signifikanteren einseitigen
Vertragsänderungen im Mobilfunk anwendbar. Daneben kommt dort
teilweise hinzu, dass es sich um "ausschließlich
benachteiligende Änderungen" handelt, die in meinen Augen
selbst nach der behördlichen
Lesart von §
25 TKG den vermeintlichen Voraussetzungen für ein "Änderungsprivileg"
nicht gerecht werden. Die in § 25 TKG gegenständlichen "nicht
ausschließlich begünstigenden Änderungen" würden nach dieser
Ansicht nämlich gebieten, dass zumindest irgendwo auch eine
Begünstigung für den Kunden stattfindet (sonst sind es ja "ausschließlich
benachteiligende Änderungen", während § 25 TKG selbst bei
Verständnis im Sinne eines Anbieterprivilegs höchstens "nicht
ausschließlich begünstigende Änderungen" umfassen kann, bei
denen ein Kundenvorteil im Vordergrund steht oder zumindest beiläufig
gegeben ist). Der Verfassung könnte die Regelung überhaupt erst
gerecht werden, wenn diese Begünstigung unter Berücksichtigung der
gemeinsamen Geschäftsgrundlage zwischen Anbieter und Kunde angemessen
ist und das vermeintliche Privileg zugunsten der Anbieter auch ein
Ziel im öffentlichen Interesse darstellt (zu den jüngsten,
zutreffenden Ausführungen des OGH siehe Punkt
b.; zur 2016 novellierten Mitteilungsverordnung der RTR-GmbH
siehe Punkt j.).
Zur Problematik einseitiger Vertragsänderungen und sich "verlangsamender
Wettbewerbsdynamik" siehe (neben meinen Publikationen,
v.a. hier) auch:
http://help.orf.at/stories/1745595/
b. Ignorieren selbst höchstgerichtlicher
Entscheidungen
- selbst
eindeutige und naturgemäß um Jahre zeitlich verschobene höchstgerichtliche
Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs werden von
den großen Anbietern offenbar nur
teilweise zu Kenntnis genommen. Auch die
Regulierungsbehörde trägt zur "betreiberfreundlichen Auslegung" der
Erkenntnisse bei.
Bei Millionen von Kunden folgt man
nur ungern den Entscheidungen der Gerichte
So erhalten auch A1-Kunden, denen die Service
Pauschale gemäß OGH 20. 1. 2014, 4
Ob 115/13k (A1 Kombi),
für eine "wirtschaftlich nicht
werthaltige Leistung" und klar rechtswidrig verrechnet wurde
(und obwohl sie ihren Vertrag zwischen 2008 und 2011 abgeschlossen
haben), nicht einmal auf Nachfrage immer prompt ihr Geld zurück. Drei
begründet hingegen allgemeine, einseitige Tarifanhebungen
auch damit, dass es ihr höchstgerichtlich untersagt wurde,
Zusatzgebühren für Papierrechnungen (über § 100 TKG hinausgehend in
OGH 28. 2. 2012, 4 Ob 141/11f, klargestellt) oder für
Zahlscheinzahlungen zu verrechnen (OGH 17. 6. 2014, 10 Ob 27/14i).
Wirtschaftlich kann diese
Vorgangsweise der Betreiber nachvollzogen werden, ethisch nicht:
Wenn man selbst bei vielfach erkennbar rechtswidrig verrechneten
Entgelten den Kunden auf den Gerichtsweg verweist, wird angesichts der
typischen Bagatellbeträge kaum
ein Betroffener das Prozesskostenrisiko eingehen. Durch Auskosten
aller Instanzen gewinnt der
Betreiber darüber hinaus Zeit,
in der er Millionen anderen Kunden unter Verweis auf die noch
ungeklärte Rechtslage weiterhin entsprechende Entgelte verrechnen
kann. Selbst nach Klärung durch den OGH wird nur ein Bruchteil der
Kunden das rechtswidrig entrichtete (meist abgebuchte) Geld
zurückverlangen und können Teile auch bereits verjährt sein. Wird auch
dann noch die Rückerstattung seitens der Anbieter erschwert und selbst
die weitere (künftige) Inrechnungstellung nur bei den sich aktiv
beschwerenden Kunden zögerlich durchgeführt, bleibt wahrscheinlich nur
ein geringer Prozentsatz der Kunden übrig, bei dem tatsächlich
entsprechend der ausjudizierten Rechtslage vorgegangen werden muss.
Selbst hier hilft einerseits die Tatsache, dass Gerichte
selten über den konkreten Einzelfall hinaus offene Probleme klären
möchten. Manchmal wagen es die Richter hingegen, um Mißstände zu
lindern oder eine Änderung der Rechtsprechung einzuleiten (schlaue
Leute können immer dazulernen, nur dumme Leute und leider auch viele
Behörden halten sich für unfehlbar). Auch in der oben genannten A1 Kombi-Entscheidung hat das
Gericht lobenswerter Weise nicht nur konkret entschieden, dass die
Kunden, die ihren Vertrag zwischen Ende 2008 und Anfang 2011
abgeschlossen haben, als A1 "auf
die Dauer der Vertragslaufzeit" die Grundgebühr garantiert
hat, keine Service Pauschale zu entrichten haben (das entspricht dem
regulierungsbehördlichen Verständnis, das sich eher an der Ansicht
der RTR-GmbH im ähnlich gelagerten Schlichtungsverfahren RSTR 2966/11
des Jahres 2011/12 orientieren dürfte, als die 2014 formulierten
Worte des OGH allzu genau zu lesen).
Gleichzeitig hat der
OGH gleichsam beiläufig im Sinne eines obiter
dictums mitgeteilt, dass § 25 TKG "nichts
über die Zulässigkeit von Vertragsänderungen im Einzelfall aussagt,
sondern nur allgemein unter anderem die Vorgangsweise bei Änderungen
der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen der
Betreiber von Kommunikationsnetzen regelt". Demnach gibt § 25
TKG den Betreibern kein einseitiges
Änderungsrecht hinsichtlich der Kundenverträge, sondern nur
die Pflicht, geplante Vertragsänderungen entsprechend kundzumachen.
Wirksam können Änderungen insoweit nur mit Zustimmung des Kunden
werden (der Wettbewerbssenat scheint ein besseres Verständnis der
Problematik von § 25 TKG zu haben, hat diesen aber praktisch nie
direkt anzuwenden, während die übrigen Senate des OGH, die § 25 TKG
inhaltlich anzuwenden haben, bequemlichkeitshalber lieber bestehende
Erkenntnisse zu Vorgängerregelungen zitieren und so weiterleben
lassen; so OGH 8. 9. 2009, 1 Ob 123/09h, und OGH 14. 11. 2012, 7 Ob
84/12x, die die ohnehin fragwürdige Entscheidung OGH 14. 3. 2000, 4 Ob
50/00g, auch auf das aktuelle TKG 2003 anwenden). Selbst der Leiter
der Rechtsabteilung der RTR irrt insoweit in seinem Verständnis, wie
er es im
Rechtspanorama
der Presse vom 8. 9. 2014
dargelegt hat: Der OGH hat seine
Entscheidung auf das UWG und nicht das TKG gestützt. Ich kann daher
nicht erkennen, wo der OGH ausgeführt hätte, dass der Anbieter über
seine lebenslange Zusage auf das Recht, ein Änderungsprivileg nach §
25 TKG in Anspruch zu nehmen, verzichtet hätte. Der OGH hat in der
vorliegenden Entscheidung –
beiläufig –
ganz grundsätzlich die Existenz eines derartigen (wahrlich
einzigartigen) Privilegs in Frage gestellt.
Darüber hinaus hat der OGH im
Rahmen der –
konkreten – Begründung im
vorliegenden Erkenntnis ausgeführt, dass "das
Aufdrängen einer nicht bestellten Leistung [...] in
Verbindung mit einer Entgelterhöhung [...] eine
aggressive Geschäftspraktik im Sinn von §
1a UWG" darstellt und insoweit – hier am Beispiel Service
Pauschale –
unzulässig ist.
Diese Aussage ist in meinen Augen klar und auch jenseits der Fälle, in
denen ein Vertrag zwischen 2008 und 2011 abgeschlossen wurde,
anzuwenden.
Freilich wollen die Betreiber davon lieber nichts wissen. Auch die
eigentlich im Sinne der Kunden eingerichtete RTR-GmbH
möchte die Entscheidung möglichst eng – und damit im Sinne der Betreiber
–
verstehen: Wer
seinen Vertrag nicht exakt in dem mit "lebenslang" zugesagter
Grundgebühr beworbenen Zeitraum abgeschlossen hat, den soll eine
nachträglich hinzugefügte Servicegebühr ohne erkennbaren Gegenwert
treffen. Über §
1a UWG, das Erfordernis einer Zustimmung des Kunden oder gar
die Bedeutung von § 25 TKG möchte man sich offenbar lieber keine
großen Gedanken machen, sondern die Bevölkerung lieber brav zahlen
lassen.
Zur Rückforderung der rechtswidrig verrechneten Servicepauschale
siehe:
http://help.orf.at/stories/1747584/
http://help.orf.at/stories/1734829/
Zur Begründung von Tariferhöhungen auch mit Verweis auf
Gerichtsverfahren, die zugunsten der Kunden ausgegangen sind, siehe:
http://derstandard.at/2000004581377/3-plant-Erhoehungen-bei-mehr-als-20-Tarifen-fuer-Bestandskunden
Konkretes Beispiel:
Nachdem A1 immerhin noch binnen angemessener Frist eine Antwort
verfasst (von vermeintlich günstigen Anbietern kann das nicht immer
erwartet werden), sei ein Beispiel
für eine negative Reaktion auf das Ersuchen, von der
Abbuchung künftiger rechtswidriger Service Pauschalen abzusehen,
angefügt (immerhin wurden im vorliegenden Fall die alten Beträge
bereits im Vorfeld über "Kulanz" zurückerstattet; für die Ablehnung
hinsichtlich der Zukunft wird jedoch offensichtlich nicht nur in
diesem Fall ein amikal verfasster Standardbrief versendet, der
entsprechend nicht auf den Einzelfall oder das konkrete Ansuchen
eingeht – vielmehr sei "alles
nochmals geprüft" und könne man "nicht
mehr dazu sagen"; auch die Tatsache, dass ein
Telekom-Unternehmen weder Faxnummer noch Mailadresse zur zeitgemäßen
Kommunikationsabwicklung mit seinem "Service Team" bekanntgibt, ist
kein Einzelfall):
Beispiel
für ein ablehnendes Schreiben des Betreibers
Das daraufhin beantragte RTR-Schlichtungsverfahren
(§
122 TKG) dauert
typischerweise seine Zeit. Nach etwa zwei Monaten gibt es immerhin
einen Vorschlag des
Betreibers, woraufhin man wählen kann, ob man diesen annimmt
oder die RTR-GmbH um eine
inhaltliche Stellungnahme ersucht.
Interessant ist, dass A1 versucht
hat, über Umwege die Service Pauschale zu verteidigen, anstatt
einfach gemäß OGH-Urteil zu akzeptieren, dass bei diesem
Kunden keine willkürliche Service Pauschale vereinbart wurde und daher
auch nicht verrechnet werden darf (im vorliegenden Fall wurde der
Vertrag klar in dem vom OGH beurteilten Zeitraum abgeschlossen; A1 hat
es jahrelang nicht geschafft, die TV-Dienste in tragbarer Qualität zu
erbringen, sodass beiderseitig vereinbart wurde, nur mehr Telefon und
Internet beizubehalten, anstatt jährlich eine Kulanzgutschrift für
nicht funktionierendes Fernsehen zu erhalten; intern hat es A1 als
Produktwechsel von einem Kombipaket zu einem anderen verarbeitet und
damals auch schriftlich mitgeteilt, dass die Telefon- und
Internetdienste –
die Pauschale kann sich eigentlich nur auf letztere beziehen – unverändert
bleiben).
Beispiel
für
einen von der RTR übermittelten Vorschlag des Betreibers
Interessanterweise hat die
RTR diesen Fall (RSTR 2814/14) schon drei Monate nach Antragstellung
entschieden. Entgegen meiner Erwartung wurde selbst
hier ein Weg gefunden, den Betreiber anstelle des Kunden zu schützen:
Sie interpretiert die einvernehmliche Anpassung
des Vertrages in "rechtlicher
Sicht" als "Abschluss
eines neuen Vertrages", in dem die ursprüngliche
Zusage der Nichtanhebung der Tarife durch A1 laut RTR nicht mehr
gelten soll. Ob eine Service Pauschale jemals vereinbart wurde,
interessiert die RTR ebenso wenig wie das Vorbringen des
Antragstellers. Sonst hätte sie nämlich zumindest die schriftliche
Zusage von A1 anlässlich des vermeintlich neuen Vertrages, dass
Telefon und Internet unverändert bleiben, als Bestätigung der
seinerzeitigen und insoweit weitergeltenden "lebenslang"-Zusage deuten
müssen. Hinzu kommt, dass der OGH in dem oben angeführten Fall A1 Kombi deutlich allgemeiner die
Unzulässigkeit des Aufdrängens wirtschaftlich nicht werthaltiger
Leistungen gegen zusätzliches Entgelt ausgeführt hat (siehe hier).
Schließlich lag die Ursache für die einvernehmliche Reduzierung des
Leistungsumfanges darin, dass A1 über Jahre hinweg die TV-Leistung
nicht ordentlich erbringen konnte (folgt man der RTR-Ansicht, wäre das
Weiterführen des TV-Vertrages samt jährlicher Gutschrift wegen
Nichterfüllung des Vertrages der für den Kunden bessere Weg gewesen).
Während in normalen (Gerichts-
oder Verwaltungs-) Verfahren gerade
eine Auseinandersetzung mit und Begründung
von abgelehnten Argumenten geboten ist, wird hier
im Schlichtungsverfahren seitens der RTR scheinbar einfach
der Wunsch des Betreibers auf Vertretbarkeit geprüft, ohne
die Beschwerden des Kunden detailliert zu entkräften oder von Seiten
der Behörde auf das Problem des Kunden einzugehen. Ein faires
Verfahren würde hingegen beide Positionen wertfrei würdigen und darauf
aufbauend entscheiden. Da die Ansicht des Betreibers aber für die RTR
offenkundig hinreichend plausibel war, wurde
das vorliegende Verfahren für den
Antragsteller abweisend und ohne eigenen Lösungsvorschlag der RTR
beendet (hätte die RTR nicht den Verfahrensfehler begangen, auf Teile
des Vorbringens des Kunden zu vergessen und vor sorgfältiger
Ermittlung des Sachverhaltes zu entscheiden, oder den zivilrechtlichen
Hintergrund oder die OGH-Judikatur genauer recherchiert, hätte das
Verfahren wohl im Sinne des Kunden ausgehen müssen).
Hinzu kommt, dass das Schlichtungsverfahren hierzulande so angelegt
ist, dass der Kunde nach derartigen "Entscheidungen" der
Regulierungsbehörde nichts mehr tun kann, außer mit enormem
Kostenaufwand eine zivilrechtliche Klage gegen den Betreiber
einzubringen (siehe § 16 der RTR-Verfahrensrichtlinien;
vielleicht ist im vorliegenden Fall auch ein neuerliches Verfahren
geboten, da der Kunde bei der Vertragsanpassung geirrt hat, da er –
wohl damals im Einklang mit A1 – von einer bloßen
Vertragsänderung ausging und nicht erkennen konnte, dass der Wegfall
der nicht ordentlich erbrachten TV-Leistung mit einer Service
Pauschale kompensiert wird; vielleicht ist § 122 Abs. 1 Z. 2 TKG auch
bewusst weitläufig formuliert, damit man Schlichtungsverfahren nicht
nur gegen Anbieter, sondern auch gegen die Behörde selbst wegen
behaupteter Verletzung des TKG einbringen kann; eventuell hätte über
die "Schlichtung
für Verbrauchergeschäfte" im Auftrag des BMASK ein effektiveres Verfahren erreicht
werden können, wobei ab 2016 eine Anrufung derselben ausgeschlossen
sein wird, wenn es eine spezifische Schlichtungsstelle wie die RTR
gibt). Die RTR-Schlichtungsstelle hat sich so hingegen ihre Arbeit
wieder einmal sehr leicht gemacht und dabei freilich auf ihre bereits
bei
Punkt a. genannten, gesetzlich
zugewiesenen Aufgaben ebenso wie
ihre eigenen Ansprüche vergessen.
Insoweit konnte die RTR mit ihrem oben dargelegten, partiellen
Verständnis der Entscheidung des OGH 4 Ob 115/13k zur Service
Pauschale zu dem kafkaesken Ergebnis gelangen, dass A1 dafür, dass sie
zuvor nicht fähig war, die vertraglich vereinbarte TV-Leistung zu
erbringen, künftig mit 15 Euro jährlichem Mehrertrag belohnt wird.
Ergänzung
August 2015: Als es im Jahr
2015 erneut zu einer Abbuchung von 15 Euro unzulässiger
Internet-Service-Pauschale durch A1 kam, genügte ein Schreiben samt
Erinnerung an A1, um das Problem ohne die zweifelhafte Hilfe der RTR zu
lösen. Zwar hat man eine schriftliche Antwort vermieden, jedoch hat A1
in einem Rückruf sowohl die Rückbuchung der 15 Euro als auch die
Abstandnahme von der Inrechnungstellung künftiger Service Pauschalen
immerhin mündlich zugesagt.
c. Änderungen beim lebenslang
versprochenen "Sixback"-Tarif
- interessante
Änderungen des Drei "Sixback"-Tarifs,
wo aufgrund perverser Regulierung (überhöhte
Mobilfunkzusammenschaltungsentgelte zu Lasten der Kunden anderer
Netze, siehe meine Medien und Recht-Artikel zur Zusammenschaltung,
z.B. hier, oder den
englischsprachigen Beitrag zu IJCLP
im Downloadbereich) ursprünglich für
jede telefonierte Minute eine Gutschrift von 6 Cent beim angerufenen
Sixback-Kunden entstanden ist.
Wenn
klassisches Vertragsrecht nicht mehr gelten soll, hilft teils das
Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb
Die Gewährung der Gutschriften soll nun wegfallen, ohne das Guthaben
auszubezahlen. Auch soll das Guthaben nun nach drei Jahren verfallen,
anstatt wie seinerzeit verkündet nie zu verfallen und "ein
ganzes 3Leben lang" zu gelten. Hinzu kommt, dass auch die
Grundentgelte mit 20. 10. 2014 über unsachliche
VPI-Inflationsanpassungen und Servicepauschalen erhöht werden sollen,
womit das bestehende Guthaben entsprechend entwertet wird.
-> Hat der Kunde ein berechtigtes Vertrauen bzw. einen Anspruch auf
Durchsetzung der Vereinbarung mit dem Anbieter? Lassen sich auch hier
Kundenansprüche durch Verweis auf den eigentlich den Kundenschutz
anstrebenden § 25 TKG "wegbügeln"?
Gilt hier auf einmal auch das jüngste Erkenntnis des OGH
4
Ob 115/13k vom 20. 1. 2014 (A1
Kombi) nicht (siehe insoweit auch den vorigen
Punkt), das das bisherige Verständnis von § 25 TKG allgemein in
Frage stellt und den Widerruf von "auf
die Dauer der Vertragszeit" oder "ein
Leben lang" gemachten Zusagen (hier jedenfalls hinsichtlich
des Guthabensverfalls und der Guthabensentwertung) schon nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG)
für unzulässig erklärt?
Es schaut eher aus, als hätte die TCK wieder einmal "übersehen",
unzulässige Vertragsänderungen zu untersagen, und als würde sich auch
die Schlichtungsstelle der RTR nicht übermäßig auf Seiten der Kunden
stellen (somit gelangt man wieder zur Frage der gesetzmäßigen
Wahrnehmung der Aufgaben der Regulierungsbehörden, siehe bereits Punkt
a. und meine allgemeinen
Bemerkungen).
Zum Hintergrund siehe:
http://derstandard.at/2000003972223/Wegen-schwarzer-Schafe-3-stellt-SixBack-Tarif-ein
Die Kundmachung der Änderungen am 20. 8. 2014:
https://www.drei.at/portal/media/bottomnavi/ueber_3/agbs/agb/3kundmachungen_20140820.pdf
In einer ersten Reaktion hat die RTR – ohne noch auf die sonstigen
Probleme oder die aktuelle Judikatur einzugehen, die der
Änderung grundsätzlich entgegenstehen dürften
–
über Vergleich zu Wertkartentelefonen immerhin
festgehalten, dass das Guthaben bei Beendigung
immerhin auszuzahlen sei:
http://derstandard.at/2000004281281/SixBack-Einstellung-Muss-3-das-Guthaben-auszahlen
Die am 4. 7. 2007 sicher nicht bloß intern intendierte
Presseaussendung von Drei:
https://www.drei.at/portal/de/bottomnavi/ueber-drei/presse/presse-details-55500.html
Ablehnung der Guthabenserstattung bei Kündigung "online"
"Kulanz"-Angebot über halbe Guthabensauszahlung
Der RTR-Lösungsvorschlag 2015:
Nach ihren abstraken Äußerungen im
Vorfeld konnte die RTR im vorliegenden Fall keinen Lösungsvorschlag
unterbreiten, der sämtliche Ansprüche des Kunden ablehnt. Auch liegen
mittlerweile Gerichtsentscheidungen
zur verpflichtenden Auszahlung des vollständigen Guthabens im
Rahmen der Kündigung vor (z. B. BG für Handelssachen Wien 10. 10. 2013,
16 C 117/13t-16, bestätigt durch HG Wien 29. 10. 2014, 60 R 112/13w,
wonach neben der gebotenen Guthabensauszahlung durch Drei zu
Vertragsende selbst die konsequente "Guthabensverwertung" durch einen
Kunden, der damit seine eigene 0900-Nummer anruft, keine
außerordentliche Kündigung durch Drei rechtfertigt).
Dennoch
hat die RTR auch in diesem Fall deutlich mehr Zeit benötigt als die
zulässige 6-Monatsfrist, die europarechtlich
zwischenzeitig auf 90 Tage reduziert wurde: gute 8 Monate! Freilich ist
das noch keine Garantie für eine sorgfältige inhaltliche Abwicklung
durch die RTR. Der Lösungsvorschlag
der RTR vom 30. 7. 2015 empfiehlt zwar, dem Kunden für den Fall
der Kündigung den vollen
Guthabensbetrag auszubezahlen, geht sonst
aber konsequent nicht auf die
vom Kunden vorgebrachten Argumente und weiteren Probleme ein.
Damit wird wieder einmal das Gebot eines objektiven und fairen
Verfahrens verletzt. Für den Fall, dass der Kunde weiterhin bei seinem
Anbieter Drei blieben will, empfiehlt die Behörde, dass er sich sämtlichen
von Drei gewünschten Vertragsverschlechtungen
einschließlich Aufgabe lebenslang beworbener Zusagen
bedingungslos unterwirft. Damit
empfiehlt die RTR mit ihrem
Lösungsvorschlag ein gemäß OGH 20. 1. 2014, 4 Ob 115/13k, eindeutig
rechtswidriges - weil schon gegen das Gesetz gegen unlauteren
Wettbewerb (UWG) verstoßendes - Ergebnis.
Dem Kunden wird damit die Aufgabe des günstigen, bestehenden Vertages in
Hoffnung auf die Guthabensrückzahlung nahegelegt.
Um Drei
das Abschütteln seiner vertraglichen Verpflichtungen zu erleichtern,
wird seitens der RTR bei den Ausführungen zu §
25 TKG nicht nur auf jegliches verfassungsrechtlich oder
systematisch gebotene Verständnis verzichtet, sondern selbst in
eindeutigem Widerspruch zum Gesetzeswortlaut behauptet, Drei
könne sich auf das vermeintliche, einseitige Vertragsänderungsprivileg
in §
25 TKG berufen, obwohl die gewünschten Änderungen ausschließlich
Benachteiligungen für den Kunden beinhalten. In § 25 TKG heißt es
hingegen "nicht ausschließlich begünstigend", sodass selbst unter rein
formaler Betrachtung mangels jeglicher Begünstigung für den Kunden eine
Inanspruchnahme des vermeintlichen Änderungsprivilegs mangels Erfüllung
der "Voraussetzungen" ausscheidet (für Details siehe hier).
Somit hat der Lösungsvorschlag der RTR
auch diesbezüglich einen klar rechtswidrigen
Inhalt.
Dass auf
die Unzulässigkeit einer nachträglichen
Service Pauschale gemäß dem obigen OGH-Erkenntnis
"vergessen" wurde, vermag dabei auch nicht weiter zu erstaunen. Selbst
nach der schon früher geprägten, spezifischen
Rechtsansicht der RTR (die offenkundig auch nach dem
OGH-Erkenntnis nicht revidiert wurde) hätte auffallen müssen, dass
manche für lebenslang zugesagten
Vertragsbestandteile ebenfalls entfallen sollten. Auf die Fragwürdigkeit
von einseitig benachteiligenden Inflationsanpassungsklauseln,
die weder die zugrunde liegenden Kosten berücksichtigen, noch im Sinne
des Standes der Technik z. B.
bei Internet in gleichem Zuge kompensierend mehr Übertragungsvolumen und
-geschwindigkeit bieten, wurde ebenfalls nicht eingegangen.
Noch
erstaunlicher ist aber, dass die RTR weder fähig war, in neun Monaten
die übermittelte Korrespondenz ordentlich zu sichten, noch beim Kunden
nachzufragen, noch innerhalb der Behörde die relevanten Geschäftsbedingungen
zu finden, wo doch sämtliche Geschäftsbedingungen bei der
Regulierungsbehörde gemeldet werden und zu prüfen wären. Ebenso kurios
ist es, dass die Behörde sich nicht fragt, inwieweit Drei die Leistungen
gegenüber dem Kunden einstellen darf. Vielmehr wird lapidar behauptet,
es sei "Fakt, dass Hutchison den Tarif
Sixback eingestellt hat". Anstatt sich damit
auseinanderzusetzen, inwieweit das Unternehmen damit gegenüber dem
Kunden vertragsbrüchig und schadenersatzpflichtig wird, wird ausgeführt,
der Kunde könne nun außerordentlich kündigen, da der Vertragspartner
seine Leistungserbringung eingestellt habe.
Es
bestätigt sich damit wieder einmal der von Schneider
im
Presse Rechtspanorama geäußerte Eindruck: "Es
ist unter den Anwälten, welche „Schockrechnungs-Mandanten“ vertreten,
ein offenes Geheimnis, dass
RTR-Schlichtungsverfahren oft wenig sinnvoll sind: einerseits
wegen der teilweise langen Dauer, andererseits wegen der kundenfeindlichen
„Spruchpraxis“ der Schlichtungsstelle, die zivilrechtliche
Argumente, welche für den Kunden günstig sind (z.B. nebenvertragliche
Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten des Netzbetreibers;
Schadensminderungspflicht; laesio enormis; Unklarheitenregel etc.),
oft ungenügend berücksichtigt. Durch den Gang zum Gericht kommen
Kunden meist schneller und besser zum Recht."
Nach
meinen Erfahrungen in sonstigen Schlichtungsverfahren und gemäß der von
der RTR betonten "abschließenden
Ansicht" ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass die RTR ihr
verfehltes Verfahren im Sinne ihres gesetzlichen und europarechtlichen
Auftrages neu aufrollt oder korrigiert, um dem Kunden doch noch die ihm
gebührende objektive Auseinandersetzung unter Berücksichtigung seiner
Vorbringen zu gewähren.
d. "Großzügige" Verrechnung von
Datenvolumina bei Alttarifen
- "großzügige" Verrechnung von Datenvolumina in
Alttarifen, derer ein technisch wenig versierter
Smartphone-Nutzer kaum Herr wird, bis er von seiner ersten Rechnung
überrascht wird.
Nachdem ein Smartphone "alles" kann,
steigt auch die Datennutzung
Problem:
Hier stellt sich ein anderes Problem als bei teuren Auslandstarifen,
wo historisch gesehen und auch aus sozialen Überlegungen und vor dem
Hintergrund der weiten Distanz und der involvierten Anbieter anderer
Länder hohe Tarife üblich waren (heute ist es hingegen auch aufgrund
nicht immer nachvollziehbarer Regulierungstätigkeit teilweise
billiger, jemand in den USA am Mobiltelefon zu erreichen als seinen
Nachbarn innerhalb Österreichs). Hier geht es hingegen nur um die
angemessene Verrechnung der vom unmittelbaren Vertragspartner
erbrachten Leistung, nämlich eine Internetverbindung bereitzustellen.
Smartphones sind begehrt und "in". Insoweit kommt es immer wieder vor,
dass jemand sein "gewöhnliches" Mobiltelefon gegen ein
internettaugliches Gerät austauscht. Dieses kann gleich beim
Einschalten viele Daten für "updates" aus dem Internet holen; außerdem
ist der Nutzer geneigt, den Zugriff aufs Internet auszuprobieren. Vor
allem bei älteren Tarifen, die nicht zum "Surfen" ausgelegt waren,
sind Internetzugänge teilweise möglich, wobei dort ein Megabyte
Datentransfer regelmäßig einige Cent oder aber auch ein paar Euro
kostet (ältere Verträge wurden vielfach auf Grundlage der
GSM-Datenübertragungstechnologie abgeschlossen, als es noch keine
effizienteren und schnelleren 3G- oder 4G-Netze gab). Kommen bei einem
Film oder einem Softwareupdate hunderte Megabyte zusammen, können sich
daraus - ohne groß darauf zu achten - schnell zig und oder auch
tausende Euros ergeben (bei nicht unrealistischen 5 Euro pro Megabyte
kostet die Übertragung eines einzigen Bildes mit 4 MB somit 20 Euro;
ein Film kann auf 3.500 Euro kommen, wenn man nicht von der seit 2012
für Konsumenten geltenden Kostenbeschränkungsverordnung erfasst wird).
Technisch-ökonomischer Hintergrund:
Hierbei stellt sich die Frage, ob das passt oder nicht. Ökonomischer
Hintergrund von Netzwerkindustrien ist, dass der Betrieb
insgesamt aufwändig ist, die einzelne zusätzliche Datenverbindung oder
Telefonverbindung hingegen praktisch keine zusätzlichen Kosten
verursacht. Insoweit ist es für die Anbieter besonders verständlich,
dass man möglichst viele Kunden haben will. Auch ist es verständlich,
dass man "power usern" teure Komplettpakete anbietet und "light usern"
Angebote macht, bei denen die Fixkosten niedrig sind und die einzelne
Verbindung dafür teurer ist.
Beim Datenvolumen kommt aber noch hinzu, dass die Technik
immer besser wird, sodass in immer weniger Zeit immer mehr
Daten übertragen werden und gleichzeitig die Übertragung einer
bestimmten Datenmenge immer weniger Kosten verursacht. Umgekehrt
wächst freilich auch der Wunsch, mehr Daten zu übertragen.
Rechtlicher Hintergrund:
Insoweit ist es auch jenseits allfälliger Kostenbeschränkungsverordungen
unangemessen und mit der Geschäftsgrundlage
eines vor Jahren abgeschlossenen Vertrages kaum vereinbar, wenn
ein Kunde für versehentlichen Datenverbrauch Rechnungen über hohe
Eurobeträge erhält. Er hat damals vermutlich gar nicht bewusst einen
Datentarif abgeschlossen, sondern diese Bestimmungen im Rahmen eines
Telefonvertrages als hypothetische Zusatzklauseln akzeptiert ("kostenlose Freischaltung").
Selbst wenn ihm damals möglicherweise angemessene 5 Euro pro Megabyte
(leitungsvermittelter) GSM-Datenübertragung angeboten wurden oder bei
neueren Verträgen "nur" 5 oder 10 Cent für modernere (effizientere,
paketvermittelte) Datenübertragungsprotokolle (auch hier sind 5 Euro
nicht unüblich), stellen sich jenseits des "Versehens" zwei Probleme:
"GSM" wird heutzutrage vielfach auch über die aktuellere
Netzwerkinfrastruktur abgewickelt, sodass sich der Preis in diesem
Fall eher nach den aktuellen Kosten und damit Tarifen als nach der so
nicht mehr genützten Technik bemessen sollte.
Außerdem weisen die Statistiken der Mobilfunkanbeiter, wonach sich der
mobile Datenverkehr zwischen 2010 und 2013 vervierfacht hat, darauf
hin, dass eine Umlegung der
Fixkosten auf die einzelne Datenübertragung zu einer deutlichen
Preissenkung pro Megabyte führen müsste (die Kosten des
Netzbetriebes sind sicher nicht um den Faktor vier gestiegen).
Entsprechend der gemeinsamen Geschäftsgrundlage,
die grob auf dem Herstellungswert der Leistung einschließlich
angemessenem Gewinn beruht, sollten insoweit auch Kostenvorteile
weitergegeben werden.
Insoweit könnte es auch bei einem nur wenige Jahre alten Tarif
angemessen sein, dass anstelle des seinerzeit vereinbarten Tarifs
aufgrund technischen Fortschritts und stärkerer Nutzung (samt besserer
Fixkostenumlegung) nur ein Bruchteil davon je Einheit verrechnet wird.
Unabhängig
davon wird eine Preisdiskriminierung um den Faktor 1000 bei
ähnlicher Leistung auch die Grenze zulässiger Diskriminierung in
Netzwerkindustrien überschreiten, sodass die Verrechnung von 5 Euro
für 1 Megabyte Datenübertragung schon nach allgemeinen Vorschriften
zu Wucher unzulässig sein wird, wenn 5 bis 10 Cent bei
Einzelabrechnung oder unter 1 Cent bei Pauschalabrechnung "üblich"
sind.
Geben die Anbieter ihre durch technischen Fortschritt und
bessere Netzauslastung erreichbaren Kostenvorteile nicht weiter,
deutet das darüber hinaus nicht nur auf mangelnden
Wettbewerb, sondern auch auf mangelnde regulierungsbehördliche
Aufsicht hin (und man gelangt wiederum zu dem dem Punkt
a. verwandten Problemkreis der mangelnden Wahrnehmung
gesetzlicher Zuständigkeiten durch die Regulierungsbehörde; siehe auch
meine allgemeinen
Bemerkungen und Publikationen).
Spannend wird auch noch, wie die künftig über eine Breitbandmilliarde
massiv von der öffentlichen Hand geförderte Beschleunigung von
Internetanbindungen an die Kunden weitergegeben wird (siehe hier).
Weitere Informationen:
http://help.orf.at/stories/1745983/
http://kurier.at/chronik/oberoesterreich/zehnjaehrige-surfte-um-6000-euro/57.310.867
http://derstandard.at/1304552696540/Mobiles-Internet-Immer-mehr-Konsumenten-tappen-in-die-Mobile-Web-Kostenfalle
http://derstandard.at/1334796427140/Verordnung-Horrorrechnungen-ade-Mobiles-Surfen-darf-maximal-60-Euro-kosten
e. "Handyverträge" als nicht
höchst-persönliche Verträge?
- Obwohl
meiner Meinung nach sowohl
Mobiltelefonnummern als auch die dazugehörigen Geräte
vielfach als "höchstpersönliche"
Dinge wahrgenommen werden,
die nur ungern anderen geborgt werden, steht die Regulierungsbehörde
offenbar auf dem Standpunkt, es handle ich bei Mobiltelefonverträgen
um keine höchstpersönlichen
Verträge zwischen Nutzer und Anbieter.
Hierzulande wird nicht immer so
gerne geteilt
Entsprechend soll die Verlassenschaft im
Todesfall die Grundgebühren weiterzahlen und erst nach
Einantwortung könne der Erbe die Verträge mit normaler Kündigungsfrist
kündigen. Freilich empfiehlt die RTR-GmbH wie so oft Hoffnung auf "Kulanz", anstatt aktiv
einzugreifen (mir ist klar, dass andere Anbieter offenbar tatsächlich
freundlicher agieren als T-Mobile im unten angeführten Beispielfall).
An sich wird dieses Problem aber 2014 nicht zum ersten Mal aufgetreten
sein. Insoweit hätte die Regulierungsbehörde
im Rahmen der Prüfung sämtlicher Allgemeiner
Geschäftsbedingungen nach § 25 TKG schon lange Gelegenheit gehabt, für
beide Seiten angemessene Bedingungen
in Verträge hineinzureklamieren, damit sich der Kunde im
Zweifelsfall auch tatsächlich darauf berufen kann (somit gelangt man
wiederum zu einem dem Punkt a.
verwandten Problemkreis mangelnder Aufgabenwahrnehmung durch die
Regulierungsbehörden und meinen allgemeinen
Bemerkungen).
Dann hätte der Kunde ein "Recht" darauf, anstatt bloße Hoffnung auf
"Kulanz".
Dennoch zweifle ich nach wie vor, ob ein Vertrag über eine mobile
Rufnummer nicht regelmäßig höchstpersönlich
von einer sich mit dieser Nummer
identifizierenden Person genützt wird. Dann könnte nämlich
ohnehin ein höchstpersönlicher Vertrag vorliegen, der von Haus aus mit
dem Tod des Vertragspartners endet, wenn die Nachkommen nichts anderes
mit dem Anbieter vereinbaren.
Zum konkreten Fall siehe:
http://help.orf.at/stories/1749436/
f.
Die Wahrheit liegt nicht immer in der Mitte (RTR schützt Sky)
- Auch nach
knapp 9 Monaten auf dem Schreibtisch der RTR-GmbH als Schlichtungsstelle war diese
nicht willens, den
streitgegenständlichen Sachverhalt
zu klären. Stattdessen hat man in der Behörde trotz
erkannter Zweifel an der Glaubwürdigkeit des
"Zahlenlottos" bei den vermeintlichen Forderungen von Sky den von
Sky zuletzt genannten Wert der Schlichtungsentscheidung
zugrundegelegt. Darauf aufbauend hat man dann ohne
weitere Begründung einfach die Hälfte als Kompromiss empfohlen.
Ohne Kenntnis der Sachlage ist
jedoch eine richtige rechtliche Beurteilung nicht möglich.
Ebenso ist es willkürlich,
einen sich nicht aus dem Vertrag ableitbaren und aus Sicht der
Behörde zutreffend für "nicht nachvollziehbar" erkannten Betrag
als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen. Dass dieser Betrag im
Schlichtungsvorschlag ohne weitere Kriterien einfach halbiert
wird, macht das Ergebnis auch nicht plausibler.
Gelegentlich gibt es auch schon vor
Ablauf von 12 Monaten Überraschungen
Die Firma Sky fällt
nicht nur durch die Veruntreuung
von Kundendaten, sondern auch dadurch auf, dass
immer wieder falsche Beträge von den Kundenkonten abgebucht werden
und man als Kunde sein Geld kaum je wieder sehen kann: die telefonische
Hotline reagiert schnell, ist aber stets unzuständig und darf nicht zu
den zuständigen Mitarbeitern weiterverbinden, während schriftliche
Anfragen grundsätzlich unbeantwortet bleiben und höchstens
durch automatisierte und regelmäßig falsche Mahnschreiben (später auch
von Inkassobüros) und irgendwann durch die Einstellung des
Fernsehempfanges quittiert werden. Im vorliegenden Fall soll es bei
einem Vertrag über grob 30 Euro monatlich und somit 400 Euro im Jahr
inklusive Vertragsabschlussgebühr trotz mehrerer Diensteunterbrechungen
bereits vor Ablauf von 12 Monaten und nach Zahlung von 260 Euro einen
Ausstand von weiteren 470 Euro geben (die Zahlen schwanken immer und
werden kaum je aufgeschlüsselt). Somit war es ein guter Fall für die
Schlichtungsstelle, ihren Einsatz für die Kunden unter Beweis zu
stellen.
Leider ist die Behörde selbst hierbei
trotz 9 Monaten "Überlegung" nur zu der "abschließenden
Ansicht" gelangt, dass der Kunde die Hälfte der vermeintlich
offenen Forderung und somit weitere ca. 240 Euro zahlen solle, ohne
überhaupt auf sonstige Fragen wie die Verletzung des
Datenschutzes einschließlich Telefonterror, die Diensteunterbrechungen,
die Rückgabe der Geräte oder wenigstens die ORF-Freischaltung der
Smartcard einzugehen. Dabei hat
die Schlichtungsstelle ausdrücklich festgehalten, dass die Beweislast
für die fragliche Forderung bei Sky liege und dass die von Sky
angegebenen Zahlen "nicht
nachvollziehbar" sind, sodass grundsätzlich auch von Seiten der
RTR davon ausgegangen hätte werden müssen, dass der Kunde nichts mehr zu
zahlen habe. Vertraglich gibt es für keinen über die gezahlten 260 Euro
hinausgehenden Cent eine Grundlage, während eher über Schadenersatz
einiges in die Gegenrichtung zum Kunden fließen sollte.
Das kafkaeske Ergebnis des 9-monatigen
Verfahrens RSTR 2594/14 im stillen Kämmerlein mit dem Vorschlag, die
Hälfte zu zahlen, ohne zu wissen, worüber man entscheidet, findet sich
samt Anmerkungen hier.
Gemäß telefonischer Auskunft vom 7. 7. 2015 sieht die RTR-GmbH in § 5
lit. a ihrer Verfahrensrichtlinien
tatsächlich eine Grundlage dafür, dass sie aus
"Billigkeit" von der Sachverhaltsermittlung absehen kann, wenn
sie einfach eine pauschale und nicht
weiter begründete "Halbe-Halbe"-Lösung unterbreiten möchte
(siehe auch S. 13 des Lösungsvorschlages auf S. 15 der Datei zu RSTR
2594/14; in der Praxis scheint die RTR diese Variante häufig anzuwenden;
im vorliegenden Fall hat sie trotz erkannter Zweifel an der
vermeintlichen Forderung im Sinne der "Billigkeit" die Hälfte der
fraglichen Forderung dem "armen" Anbieter zugesprochen, ohne irgendwie
auf die Gegenforderungen des Kunden einzugehen - somit bedeutet
"Billigkeit" bei der RTR grundsätzlich eine Benachteiligung des das
Verfahren anregenden Kunden). Nachdem die Schlichtungsstelle der RTR-GmbH sich weder
die Mühe gemacht hat, dem Problem
auf den Grunde zu gehen, noch
eine nachvollziehbare,
angemessene Entscheidung zu
treffen, hat sie ihren Auftrag nach §
122 TKG und Art. 34
der Universaldienstrichtlinie,
für eine "transparente,
nichtdiskriminierende, einfache und kostengünstige außergerichtliche [...]
Beilegung von Streitfällen" zu
sorgen, wieder einmal nicht erfüllt. Laut
Schlichtungsstelle könne man den von ihr nicht geklärten "Sachverhalt
natürlich auch vor einem Gericht klären lassen", wobei ihr die
dortigen, prohibitiv hohen Gerichts- und Anwaltskosten bei einem
Streitbetrag von 500 Euro nicht ganz bewusst zu sein scheinen.
Gemäß Auskunft selbst des Leiters der RTR-Rechtsabteilung ist es der RTR offensichtlich ziemlich
egal, wie schlecht ihre Verfahren abgewickelt werden und wie
sehr die RTR damit ihren gesetzlichen Auftrag nach einem fairen
Verfahren verletzt, sodass die Hoffnung auf weitere Hilfe durch die
RTR gering ist. Man wird wohl auf eine Klage warten müssen:
http://help.orf.at/stories/1761530/
Ergänzung September
2015: Schlussendlich
hat sich anstelle von Sky immerhin das Inkassobüro die vermeintlichen
Forderungen angesehen, sodass schlussendlich (und unabhängig vom
zweifelhaften RTR-Verfahren) ein Angebot auf Einstellung des
Betreibungsverfahrens bei Verzicht des Kunden auf Ablöse des
Sky-Empfängers und auf Freischaltung der Karte für ORF-Empfang abgegeben
wurde. Damit ist der Kunde im Vergleich zu ordentlicher
Vertragserfüllung sicher schlechter gestellt, braucht sich aber keinem
teuren Gerichtsverfahren stellen; gleichzeitig vermeidet Sky ein
richterliches Präjudiz zu seinen Geschäftspraktiken.
Ähnliche Fälle:
Während es im obigen Fall immerhin zu einer aus Sicht der Behörde
inhaltlichen Entscheidung gekommen ist, war sie bei
anderen Fällen "erfolgreicher", indem sie ihre inhaltliche
Zuständigkeit bereits aus Formalgründen abwehren konnte.
Im Verfahren RSTR
0836/15 stellte sie auf das allererste Schreiben der Sky
Österreich Fernsehen GmbH ab, aus dem ableitbar war, dass Sky eine
möglicherweise unrechtmäßige Forderung erhebt. Dass der Kunde
in weiterer Folge wie in den RTR-Verfahrensrichtlinien
gewünscht eine Klärung angestrebt hat
und Sky auf wiederholte Briefe nicht reagiert hat, gab für die Behörde
einen guten Grund ab, dass sie zu spät angerufen wurde und
daher ein Schlichtungsverfahren
"nicht mehr möglich" sei.
Auch Kulanz (§ 2 lit. e der RTR-Verfahrensrichtlinien) ist bei der
RTR-GmbH ebenso ein Fremdwort wie reales Eintreten für Kundeninteressen
im Sinne des Gesetzes, obwohl man gerade im Fall des Fernsehanbieters
Sky erst über Umwege und einen nicht weiter veröffentlichten Beschluss
der KommAustria vom 7. 8. 2003 erschließen kann, dass die RTR-GmbH für
die Streitschlichtung in derartigen Angelegenheiten überhaupt zuständig
ist (daher dürfte die RTR-GmbH bislang auch von einem umfangreicheren
Ansturm geprellter Sky-Kunden verschont bleiben, auch wenn ihr gemäß
telefonischer Auskunft vom 7. 7. 2015 bereits bewusst ist, "dass
Sky nicht der vorbildliche Betreiber
ist").
Nachdem man im obigen Verfahren nicht bereits beim abstrakten Problem
als Schlichtungsstelle eingreifen wollte, kam es ein halbes Jahr später
zum konkreten Problem, als Sky
schlussendlich über sein Inkassounternehmen Infoscore Austria
GmbH eine Rechnung über die irrige
Forderung ausstellen hat lassen (bezeichnend ist, dass Sky
selbst zwar beim Abbuchen vom Konto schnell ist, aber monatelang nicht
zur Rechnungslegung fähig ist, während eigentlich eine fällige Rechnung
Voraussetzung für die Abbuchung wäre). Hiermit war ein klarer
Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit der RTR-Schlichtungsstelle
gegeben, um nach Einspruch des Kunden aufgrund der Rechnung und erneuter
Nicht-Antwort über 6 Wochen ein ordentliches RTR-Schlichtungsverfahren
herbeizuführen.
Hier hat die RTR-GmbH gleich zweifach überrascht: Einerseits erfolgte
die immerhin vierseitige Reaktion im Verfahren RSTR
1445/15 schon nach einem Tag, andererseits hat man wiederum
Vorwände gefunden, wieso "in dieser
Angelegenheit kein Schlichtungsverfahren" möglich sei.
Einerseits hat man den Sachverhalt wie gewohnt schlampig erhoben (war
hier aber immerhin schnell), andererseits fehlt jedoch eine schlüssige
Begründung, wieso die RTR-GmbH in diesem Rechnungseinspruch nicht
verpflichtet sein sollte, eine Lösung auszuarbeiten. Im wesentlichen
verweist man auf das aus formalen Gründen nicht durchgeführte Verfahren
RSTR 0836/15 und übersieht, dass ein inhaltlich nicht geführtes
Verfahren keine negativen Auswirkungen auf ein davon gesondertes,
laufendes Verfahren haben kann. Hier wurde klar im Einklang mit den
Fristen der RTR-Verfahrensrichtlinien
Einspruch gegen die erste verfügbare Rechnung erhoben, die
Nichtreaktionsfrist des Anbieters abgewartet und danach die Eingabe an
die RTR-Schlichtungsstelle gemacht (Auszug aus § 2 lit. b der
RTR-Verfahrensrichtlinien: "Bei einer
strittigen Rechnung bedeutet dies, einen fristgerechten schriftlichen
Rechnungseinspruch an Ihren Betreiber zu
schicken." Somit kann die Frist zur Bestreitung einer Rechnung
unmöglich vor deren Ausstellung zu laufen beginnen). Es bleibt
abzuwarten, inwieweit die Behörde wenigstens hier ihren Fehler
korrigiert und im Einklang mit ihrem gesetzlichen Auftrag noch im Sinne
des Verbrauchers tätig wird.
Dass es bei Sky immer wieder
"Missverständnisse" zu Lasten der Kunden gibt, die sich trotz
klar belegbarer Vereinbarungen seitens Sky kaum lösen lassen wollen und
rasch an ein nahezu ähnlich unkooperatives Inkassounternehmen delegiert
werden, zeigt sich auch an folgendem Artikel der Presse vom 26. 11.
2015:
Sky:
Wie man Kunden zuverlässig vergrault
Gerade die Kommentare der online-Version legen ebenso wie gewisse Foren
zum deutschen Mutterunternehmen nahe, dass sich die Probleme weniger auf
eine fahrlässige Buchhaltung als mitunter auf eine bewusste und offenbar
auch von der RTR geschützte Geschäftspolitik von Sky zurückführen
lassen.
g.
Auch BMVIT sieht keine Probleme für Endkunden
- Neben
der Regulierungsbehörde scheinen weder die Europäische Kommission,
noch der nationale Bundesminister, noch die Mehrheit im Parlament
ein allzu ausgeprägtes Interesse am Schutz der Kunden zu haben. Die
Profitabilität der Telekom-Firmen scheint
Vorrang zu haben ("Vorrang der Vorleistungsregulierung"), wie man es
auch am aktuellen Kuhhandel zu Netzneutralität
und Roaming sieht. Massive
Preiserhöhungen ohne Grund führen angesichts vage
erkennbarer sogenannter "Dynamiken" weiterhin zu keinen
Bedenken bei den behördlichen Akteuren. Bei
endkundenrelevanten Aspekten vertraut man trotz sonst intensiver
Regulierung den Kräften des Wettbewerbes, auch wenn diese in
Infrastrukturbereichen mit typischerweise geringer Anbieterzahl kaum
wirken können.
RTR-Geschäftsführer
Gungl, BMVIT Stöger, Breitbandbüro Ruzicka (2014)
Zwischenzeitig hat auch die RTR-GmbH
in ihrem regelmäßig erscheinenden Telekom
Monitor belegt, dass
zwischen 2013 und 2014 die Endkundenpreise
im Mobilfunk um etwa 30 % gestiegen sind (siehe z. B. S. 18 des
Berichts für 2014, wobei der Behörde eher der jüngste Rückgang um 1,5 %
von diesem hohen Niveau aus auffällt; auch ältere Berichte
beschwichtigen bei der Erhöhung tendenziell). Aus meiner Sicht gibt es
außer natürlichen
Oligopoltendenzen keine schlüssige Erkärung dafür. Nachdem den
spezifisch eingerichteten Regulierungsbehörden (Telekom Control
Kommission und RTR-GmbH) keinerlei Besonderheiten aufgefallen sind,
untersucht den Fall nun immerhin federführend die Bundeswettbewerbsbehörde,
wobei sich das Ergebnis aufgrund von Personalengpässen verzögert
(die Anbieter im Telekom-Bereich wird das nicht sonderlich stören).
Während dem Leiter der Rechtsabteilung
in der RTR-GmbH im Herbst
2014 "immer öfter"
stattfindende "Preiserhöhungen
mit verstörender Regelmäßigkeit" und eine verlangsamte "Wettbewerbsdynamik"
aufgefallen sind, die in letzter Konsequenz auch ein preisregulierendes
Eingreifen der Behörde gebieten könnten (so klar wurde das meines
Wissens von der Behörde zuvor nie formuliert), scheint sich nun die
Situation wieder anders darzustellen. Das Auftreten von HoT
als freiwilligem Untermieter
auf dem Netz von T-Mobile scheint als Feigenblatt
dafür herzuhalten, dass der Leiter der RTR-GmbH im Sommer
2015 wieder "Dynamik" und
immerhin "stagnierende Preise"
erkennt: Trotz der massiven Preisanhebungen ohne ersichtlichen Grund
lägen die Preise für ihn "im günstigen
Bereich". Es steht also weiterhin zu befürchten, dass mitunter
auch die Telekom Control Kommission in ihrem aktuellen Marktmachtverfahren
M 1/15 keinen Bedarf für einen Schutz des Kunden vor
oligopolistisch überhöhten Preisen erkennt.
Nachdem weder die Europäische
Kommission noch die nationalen Regulierungsbehörden vor lauter Blick auf
"ihre" Branche und die "Vorleistungsregulierung" allzu viele Gedanken an
niedrige oder angemessene Preise bei den Endkunden verschwenden dürften
(siehe z. B. hier und ausführlicher hier), bestünde immerhin die Hoffnung,
dass der Bundesminister für Verkehr,
Innovation und Technologie als Aufsichtsbehörde darauf achten
könnte oder die Volksvertreter im
Parlament darauf achten.
Letzteres scheint aktuell nur von der
Fraktion der Grünen zu erwarten sein. Diese haben am 23. 9. 2014 einen Initiativantrag
(603/A, GP XXV) zu einem kundengerechten und den allgemeinen
verfassungsrechtlichen Erfordernissen entsprechenden §
25 TKG (siehe z. B. knapp hier und ausführlicher hier
und hier)
eingebracht. Unter den Volksvertretern im Parlament, die den großen
Unternehmen näher als ihren Bürgern zu sein scheinen, wurde bislang
keine Entscheidung gefällt. Stattdessen soll gemäß aktueller Vorschläge
des BMVIT § 25 TKG im Jahr 2015 ohnehin wieder einmal geändert
werden, wobei die zentralen Probleme erneut unberührt bleiben sollen.
Auch die parlamentarische
Anfrage (4669/J, GP XXV) zur regulatorischen Verantwortung für die
steigenden Mobilfunktarife wurde 2015 gemäß der realpolitischen Praxis
sehr zurückhaltend beantwortet. Immerhin geht aus der Antwort
vom 23. 6. 2015 (4549/AB,
GP XXV) durch Bundesminister Stöger
hervor, dass er ähnlich vehement wie die RTR-GmbH
für ein einseitiges
Vertragsänderungsprivileg der Telekom-Anbieter gegenüber ihren Kunden
eintritt und der Kundenschutz
nachrangig ist (v. a. S. 1 bis 3). Angeblich wären auch die
Arbeiterkammer und der Verein für Konsumenteninformation dieser Meinung
(meiner Meinung nach mag das bei der seiner Partei nahe stehenden
Arbeiterkammer denkbar sein, beim VKI hätte ich jedoch meine Zweifel, ob
er wirklich dieselbe Rechtsansicht teilt).
Mit der Rechtsprechung
der Höchstgerichte scheint es
der Bundesminster jedoch ähnlich wie die Regulierungsbehörde
nicht so genau zu nehmen (S. 2
der Antwort). Der Wettbewerbssenat des OGH hat nach Andeutungen in
seinem Erkenntnis 4 Ob 227/04w vom 20. 3. 2007 in 4 Ob 115/13k vom 20.
1. 2014 klar sein sinnvolles Verständnis zum Ausdruck gebracht, wonach
das TKG 2003 keine einseitigen Vertragsänderungen ohne Zustimmung
ermöglicht (siehe auch hier). Die
anderen Senate des OGH haben sich hingegen immer an den zweifelhaften
Entscheidungen zum TKG 1997 orientiert, ohne auf Details zur neuen
Rechtslage einzugehen. Auch die jüngste Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofs zum Stromsektor, EuGH 23. 10. 2014 verb. Rs. C-359/11,
C-400/11 – Schulz, dürfte Bundesminister Stöger
übersehen haben, als er den Grünen auf S. 2 eine "offenkundig
verfehlte" Rechtsansicht unterstellt hat und behauptet, ähnlich
kundenbenachteiligende Regeln wären in den vom BMWFW zu
beaufsichtigenden Branchen der Strom- und Gasversorgung üblich
(allenfalls gibt diese Aussage einen Hinweis darauf, auf welcher Fährte
die lobbygetriebene Politik unterwegs ist, die allgemeine
Rechtsgrundsätze nur soweit berücksichtigt, als sie ihr selbst dienen;
auf verfassungsrechtliche Grundrechte ist in der Anfragebeantwortung
nämlich nur beim Schutz der Anbieter, nicht aber beim Schutz der Kunden
hinsichtlich ihrer vertraglichen Rechte eingegangen worden, S. 4).
Ähnlich wie bei der Regulierungsbehörde dürfte auch bei Bundesminister Stöger die Offenheit für neue
Argumente bei diesem Thema nur in eingeschränktem Maß vorhanden sein.
Im Übrigen beweist auch die
Anfragebeantwortung durch Bundesminister Stöger,
dass man ein sehr formales Verständnis vom regulierten Wettbewerb in der
Telekommunikation hat (S. 3 bis 8 der Anfragebeantwortung).
Entsprechend scheint die formale
Legitimation durch Verfahren im bereits von Luhmann
kritisierten Sinne Vorrang vor
dem Streben nach einem als gerecht nachvollziehbaren,
inhaltlichen Erreichen von
wettbewerbsnahen und damit auch die realen Interessen der
Kunden regelmäßig zufrieden stellenden Verhältnissen
zu haben (siehe insb. S. 5 zu den Paradoxien der zahlreichen
definierten Märkte, während man das Fehlen von Marktzutrittschancen und
einer langfristigen Wettbewerbstendenz im Mobilfunk, in dem nur drei
Unternehmen technisch und rechtlich bedingt eine Funklizenz haben, gerne
übersieht; stattdessen verweist man nun gemäß S. 6 wieder gerne auf Wiederverkäufer und
vergisst auf die Wertungswidersprüche zur Vorgehensweise im Festnetz).
Übersehen wird dabei auch, dass ein Kartell
weniger Anbieter, das zu hohe Preise an die Kunden verrechnet,
kaum durch Reduktion der Einkaufspreise auf Großhandelsebene im Sinne
der "Vorleistungsregulierung" verhindert werden kann (S. 2 bis 3). In Wahrheit kann
das Oligopolproblem nur durch
Verhinderung von überhöhten Endkundenpreisen über direkte
Eingriffe im Sinne der Kunden gelöst werden.
Dabei entsteht teilweise auch der Eindruck, als fühle sich das BMVIT
weniger als Aufsichtsorgan gegenüber der RTR-GmbH, sondern als fungiere
es als erweitertes Sprachrohr derselben. So dürfte ähnlich wie bei der
RTR-GmbH (S. 140 des Kommunikationsberichts
2013) das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. 10.
2012, 2012/03/0067,
auch von Bundesminister Stöger
(S. 3) sehr spezifisch dahingehend verstanden werden wollen, dass der
Regulierungsbehörde bei der Prüfung
von Geschäftsbedingungen nur eine beschränkte Prüfungsbefugnis
zukomme. Für den neutralen Leser kann aus dem Erkenntnis aber
ebenso abgeleitet werden, dass freilich eine detaillierte und begründete
Prüfung von Geschäftsbedingungen durch die Regulierungsbehörde geboten
ist. Insoweit kann die Tatsache, dass sich viele regulierungsbehördlich
akzeptierte Klauseln schlussendlich beim OGH als unzulässig
herausstellen, auch anders verstanden werden: Da das allgemeine
bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) seit zwei Jahrhunderten recht stabil ist,
kann durchaus angenommen werden, dass die Behörde bei ihrer Prüfung nach
§ 25 TKG mitunter eher regelmäßig Details "übersehen" hat, als dass sich
in den wenigen Jahren ihrer Tätigkeit Grundlegendes im bürgerlichen
Recht verändert hätte.
Selbst wenn dem so wäre und das aktuelle
Telekommunikationsrecht keine ausreichende Handhabe zum Schutz des
Kunden bieten sollte, läge es am
zuständigen Bundesminister, zusammen mit seinem
Koalitionspartner im Parlament für
eine entsprechende Verbesserung der Gesetze zu werben. Bis
dahin bleibt einer Oppositionspartei wohl nichts anderes übrig, als die
Leiterin der Telekom Control Kommission nach Art. 52 Abs. 1a B-VG zu einer
parlamentarischen Ausschussbefragung zu
laden, um weitere Hintergründe zur Regulierungstätigkeit zu erfahren.
Ergänzung
März 2016: Nach gut
zweijährigen Untersuchungen sind sowohl die Telekom-Regulierungsbehörde
als auch die Bundeswettbewerbsbehörde
im März 2016 zum Schluss gekommen, dass die 30-prozentigen Preisanstiege
bei Endkunden angesichts des zwischenzeitigen Rückgangs auf
"nur" mehr 15 Prozent unproblematisch
sind. Bereits im November 2015 hat auch das nationale Parlament mit
der jüngsten TKG-Novelle
bekräftigt, weiterhin in den entscheidenden Belangen von einem
besseren Kundenschutz absehen zu wollen. Es ist daher zu befürchten,
dass auch die aktuellen Breitbandförderungen
eher den unmittelbaren Vorteil für die Anbieter als den
volkswirtschaftlich eigentlich relevanten Vorteil für die
Allgemeinheit erreichen.
Für weitere Informationen siehe hier
und hier.
h.
Keine Parteistellung für Kunden in Regulierungsverfahren
- Das
behördliche Vorschreiben von Mindestendkundenpreisen
zum Schutz der Anbieter über
"hinreichende" Margen hat grundsätzlich negative
Auswirkungen auf die Kunden. Gleiches gilt, wenn die
spezifisch zur Förderung von Wettbewerb geschaffene
Regulierungsbehörde die für Infrastrukturindustrien typische
oligopolistische Marktmacht nicht erkennt und entsprechend überhöhte Endkundenpreise zulässt,
anstatt sie hoheitlich gemäß §
43 TKG abzustellen (zum Argumentarium, wieso das nicht
geboten sei, siehe die beim vorigen Punkt behandelte Anfragebeantwortung
des BMVIT, insb. S. 3 bis 5). Es stellt sich daher die Frage,
inwieweit Kunden als Betroffene an den
regulierungsbehördlichen Wettbewerbsregulierungsverfahren
teilnehmen sollen bzw. können. Im Sommer 2018
hat das Bundesverwaltungsgericht – nach 3 Jahren anstelle
der vorgeschriebenen 6-Monatsfrist – schlussendlich sein
Erkenntnis dazu verfasst. Neues ist leider ausgeblieben und die
Position der TCK bestätigt worden, wonach Kunden keine
"Nutzer" von Kommunikationsdiensten seien und daher in den
Verfahren keinesfalls mitwirken könnnen.
Die TCK interpretiert den "Nutzer"
aus dem Nutzerbegriff heraus und
das BVwG gibt ihr drei Jahre später recht
Historisch hat das österreichische Telekommunikationsgesetz hierfür
keine subjektiv durchsetzbaren Rechte für die einzelnen Kunden
gewähren wollen. Art. 4 Abs. 1 der
Rahmenrichtlinie
gibt jedoch vor, dass es "wirksame
Verfahren gibt, nach denen jeder
Nutzer oder Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze
und/oder -dienste, der von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde betroffen
ist, bei einer von den beteiligten Parteien unabhängigen
Beschwerdestelle einen Rechtsbehelf
gegen diese Entscheidung einlegen kann." Nach Art. 2 lit. h
ist als "Nutzer" dabei "eine natürliche oder juristische
Person, die einen öffentlich zugänglichen elektronischen
Kommunikationsdienst in Anspruch nimmt oder beantragt",
zu verstehen.
Über die Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs (insb. EuGH 21. 2. 2008, C-426/05
[Tele2/TCK] Slg 2008, I-685, insb. Rz. 34 ff, und darauf aufbauend
VwGH 26. 3. 2008, 2008/03/0020) wurde klargestellt, dass einer
"betroffenen Partei" im Sinne des effektiven Rechtsschutzes auch
entsprechende Rechtsmittelbefugnisse gegen Entscheidungen der
Behörde zustehen müssen. Insoweit könnten seither auch Kunden, die
die Voraussetzungen der Betroffenheit erfüllen, grundsätzlich als Partei am Verfahren mitwirken
und Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde
erheben. Der Leiter der RTR-Rechtsabteilung hat schon seinerzeit
dafür plädiert, den Endkunden als Nutzer besser aus dem
Nutzerbegriff "teleologisch" herauszureduzieren,
da die Verfahren ohne Beteiligung der Kunden leichter
administrierbar sind. Seit Ende 2011 ist hingegen auch § 37a des
nationalen TKG neutral formuliert und erlaubt in Abs. 3 jeglichen
Personen, die von den Regulierungsentscheidungen betroffen sind,
eine Teilnahme als Partei.
Mit ihrem Bescheid M
1/15-42 vom 15. 6. 2015 argumentierte die Telekom
Control Kommission dennoch, dass ein Endkunde
entgegen dem Wortlaut und der oben angeführten Judikatur kein Nutzer sei und daher nicht
an dem ihn betreffenden Wettbewerbsregulierungsverfahren teilnehmen
kann. Begründet wurde es damit, dass die bisher Fälle von
Konkurrenten behandelnde Judikatur auf "im
Wettbewerb stehende" Marktteilnehmer abgestellt hat. Daher
schloß die Behörde jenseits des klaren Wortlauts der neutralen
nationalen Vorgabe wie auch der europarechtlichen Vorgabe "Nutzer
oder Anbieter", dass nur "in
Wettbewerb stehende Nutzer und Anbieter" erfasst seien. Da
"Nutzer" nicht in Wettbewerb mit den Anbietern stehen, ging die
Behörde in Widerspruch zum klaren Wortlaut "Nutzer oder Anbieter"
davon aus, dass lediglich "in Wettbewerb stehende Anbieter" erfasst
werden, jedoch keinerlei "Nutzer". Ob das der Sinn der alternativen
Angabe zweier Begriffe in der europarechtlichen Richtlinie war, ist
zweifelhaft.
In weiterer Folge hat die Behörde nicht die vorgebrachten
subjektiven Rechte im Zusammenhang mit Endkundenpreisobergrenzen
geprüft, sondern die für Anbieter relevanten Rechte im Zusammenhang
mit dem Marktanalyseverfahren nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie.
Hierbei wurde jedoch darauf vergessen, dass das auch für den Kunden
entscheidende Marktanalyseverfahren mittlerweile in das Verfahren
zur regulierungsbehördlichen Auferlegung von Verpflichtungen
integriert wurde. Entsprechend wäre ein Kunde, der seine aus der
Universaldienstrichtlinie und der Zugangsrichtlinie abgeleiteten
Rechte zur Endkundenpreisregulierung wahren möchte, auch bereits in
die frühen Teilbereiche des Verfahrens im Bereich der Marktanalyse
einzubinden.
Die Beschwerde
gegen den Bescheid der Regulierungsbehörde wurde daraufhin durch das
Bundesverwaltungsgericht im
Verfahren W120 2112246-1/5E geprüft. Entgegen der gesetzlichen
Pflicht zur Entscheidung ohne unnötigen Aufschub bzw. spätestens
nach einem halben Jahr hat sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG)
jedoch Zeit gelassen. Augenscheinlich leider weniger, um die
Angelegenheit sorgfältig zu prüfen, sondern eher, indem der Fall
trotz regelmäßigen und teils massiven Personalaufstockungen einfach
liegen gelassen wurde. Entsprechend enttäuschend ist es, dass es
trotz reinen Aktenverfahrens ohne jegliche Verhandlung für die Entscheidung
schlussendlich drei Jahre (!) gedauert hat, und das
Erkenntnis dennoch über weite Strecken eher wie eine pauschale
Übernahme der TCK-Argumentation wirkt. Entsprechend wird weniger im
Detail auf die aufgeworfenen Fragen und die Bedeutung des Begriffs
"Nutzer" in Abgrenzung vom "Anbieter" eingegangen, sondern über das
Pauschalargument, ein Kunde sei kein Wettbewerber, eine tiefer
gehende inhaltliche Auseinandersetzung vermieden.
Hier gibt es das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom
18. 6. 2018 im Verfahren W120 2112246-1/5E
in
voller Länge im Original bzw. im RIS.
Somit stellt sich die Frage,
auf welchem Weg der Kunde seine Rechte dann wahren soll:
Das unverbindliche Schlichtungsverfahren nach § 122 TKG verfehlt
aufgrund der in den obigen Punkten dargestellten Herangehensweise
der RTR-GmbH regelmäßig seinen Zweck. Eine gerichtliche Klärung
durch jeden einzelnen Kunden ist angesichts der Bagatellbeträge und
der zu diesen in Widerspruch stehenden Verfahrenskosten auch nicht
tunlich. Die bisher ohne Beteiligung der Kunden durchgeführten
Wettbewerbsregulierungsverfahren der TCK haben auf Behördenseite die
hinreichende amtswegige Berücksichtigung der Kundeninteressen
hingegen ebenfalls vermissen lassen.
Es sieht leider aus, als hätte das Bundesverwaltungsgericht einfach
einen weiteren Hinweis gegeben, dass das sektorspezifische
Regulierungsrecht weder der gesamtwirtschaftlichen Effizienz noch
dem Wohl des Kunden dient. Vielmehr handelt es sich um ein
bürokratisches System, das innerhalb des Sektors gewissen
Marktteilnehmern Ertragsmöglichkeiten schafft, die es nur im administrativ
geschaffenen Pseudowettbewerb gibt. Die Kosten dieser Erträge
hat historisch der Ex-Monopolist getragen, zwischenzeitig ist es
jedoch eher der Kunde, der unnötig vielen Marktteilnehmern, Aufsehern
und Rechtsvertretern eine Lebensgrundlage verschaffen muss, die es
weder im ungeregelten Oligopol noch bei einer kundenorientierten
Aufsicht bedürfte. Aufgrund intensiven Lobbyismus der Nutznießer ist
von einem Abbau der sektorspezifischen Regulierung nicht einmal mehr
im Bereich der Telekommunikation, die schon seit zwei Jahrzehnten
"vollständig liberalisiert" ist, die Rede. Da passt es nur, dass dem
Kunden im Rahmen der Regulierung keine relevanten Rechte eingeräumt
werden...
i.
Übersicht und Einteilung des Schlichtungsverfahrens
- Anlässlich
der allgemeinen Neuerungen zu "alternativer Streitbeilegung" (AStG,
BGBl. I 2015/105) habe ich versucht, die Varianten der
bisherigen Schlichtungsverfahren nach § 122 Abs. 2 TKG
übersichtlich aufzugliedern. Der gebotene Stimmungswandel hin zu
fairen Verfahren zum Schutz der Kunden lässt bei der RTR-GmbH
vorerst noch auf sich warten.
Die Bewährungsprobe steht der
Verbraucherschlichtung noch bevor
Die jährlich etwa 4.000
neu eingebrachten Schlichtungsfälle bei der RTR-GmbH teilen sich grob wie folgt auf: Grob
ein Viertel der Fälle scheitert an Verfahrensmängeln; in grob der
Hälfte fungiert die Behörde als bloße "Briefträgerin", sodass ohne
weitere behördliche Tätigkeit eine einvernehmliche Lösung gefunden
werden kann. Während weitere gut 5 % der Anträge inhaltlich
abgewiesen werden, werden weitere 200 Fälle (somit weitere rund 5
%) ebenfalls "inhaltlich", aber zumindest partiell im Sinne des
Kunden entschieden. Gemäß den aktuellen europarechtlichen Vorgaben
und dem immerhin ab 2016 anwendbaren AStG sollten die Hürden für
die Streitschlichtung im Sinne der Kunden etwas abnehmen, während
die inhaltliche Qualität der "Entscheidungen" deutlich zunehmen
sollte.
Für die ausführliche Darstellung samt Würdigung siehe meinen
Beitrag "Zu Sinn und Unsinn der
Verbraucherschlichtung am Beispiel Telekom" in "Zivilrecht
aktuell", für eine knappe Fassung siehe hier.
Für die statistischen Hintergründe siehe die Daten aus dem von der
RTR-GmbH verfassten Tätigkeitsbericht
der Schlichtungsstelle 2014. Die wenigen von der
Regulierungsbehörde veröffentlichten Schlichtungsentscheidungen
finden sich hier.
Auch die aufgrund des Gesetzes zur alternativen Streitbeilegung
revidierten, neuen
Verfahrensrichtlinien der RTR-GmbH ab 2016 haben keine allzu
starke Revision im Sinne der Kunden erfahren. Die
Vorschläge
im Rahmen des vorangegangenen Konsultationsverfahrens
wurden in gewohnter Weise weitgehend ignoriert. Damit bezeugt die
Behörde erneut, dass es ihr allenfalls um formale "Legitimation
durch Verfahren", aber kaum um inhaltlich sinnvolle Bewältigung
der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben zu gehen scheint.
Immerhin scheint es, als würden die Ansprüche der allgemeinen
Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte deutlich höher
liegen als die der für den Kommunikationssektor zuständigen
RTR-GmbH.
j.
Mitteilungsverordnung: Einmal Murks, immer Murks
- Die
Mitteilungsverordnung
der RTR-GmbH (BGBl. II Nr. 239/2012) hat es den Anbietern
maßgeblich erleichtert, in den letzten Jahren markante
Preisanhebungen gegenüber ihren Kunden durchzusetzen. Mit
der Novelle des Jahres 2016 hatte die RTR-GmbH ursprünglich vor,
den Anbietern das Anheben von Bestandskundentarifen per Email zu
ermöglichen. Nach medialer
Erörterung des Problems hat man schlussendlich auch bei
der RTR-GmbH etwas weniger betreiberfreundlich regeln müssen.
Die Novelle des Jahres 2016 (BGBl. II Nr. 173/2016) hat die
fragwürdig "bewährte" Vorschrift somit noch komplizierter
gemacht, aber die Position des Kunden wenigstens kaum weiter
verschlechtert.
So hat nach Ansicht der Behörde jegliche Benachteiligung des
Kunden ihre Ordnung
Nach Ansicht
der RTR-GmbH gelte im Kommunikationssektor die
klassischerweise wechselseitige Vertragsbindung nur einseitig
zugunsten des tendenziell ohnehin übermächtigen und
vertragsvorgebenen Anbieters, anstatt in gleichem Maße auch
zugunsten des Kunden zu wirken. Dass die Kundenpreise trotz
sinkender Kosten tendenziell steigen, scheint die intensiv in den
Markt eingreifende Behörde nicht weiter zu stören. Entsprechend
konnte auch der Gesetzgeber im Rahmen der TKG-Novelle
2015 überzeugt werden, dass weitere Erleichterungen bei
sogenannten "nicht ausschließlich begünstigenden Änderungen von
Verträgen" für die Anbieter von "essenzieller
Bedeutung" sind. Umso mehr hatte
die RTR-GmbH vor, den Anbietern das Ausloten der
Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden auch auf kostengünstigem
E-Mail-Weg zu ermöglichen.
Nachdem "Die
Presse" auf dieses besonders anbieterfreundliche Vorhaben
öffentlich aufmerksam gemacht hat, musste man seitens der
RTR-GmbH im Rahmen der Erörterung des Verordnungsentwurfs die
ursprünglichen Pläne ausnahmsweise partiell aufgeben.
Freilich ist es nicht zu einer Mitteilungsverordnung gekommen, die
die Kunden real vor ihren Anbietern schützen oder bloß das zivil-
und verfassungsrechtliche Umfeld hinreichend berücksichtigen
würde. Immerhin hat sich aber für den Kunden nicht viel
verschlechtert: Kunden mit Papierrechnung müssen weiterhin
immerhin per Brief über bevorstehende Vertragsverschlechterungen
informiert werden, während anonyme Wertkartenkunden und
Kunden mit elektronischen Rechnungen nun auch mit elektronischen
Mitteilungen über Tarifanhebungen Vorlieb nehmen müssen. Da die
Behörde auf ihrem ursprünglichen Novellierungsentwurf aufgebaut
hat, ist die Verordnung freilich
weder kürzer noch leichter lesbar geworden.
Ebenso geht weiterhin unter, dass in einem von sinkenden Kosten
geprägten Sektor wie der elektronischen Kommunikation eher
wichtig wäre, dass Preisvorteile an die Kunden weitergegeben
werden, anstatt die Tarifanhebung durch das Oligopol der
Anbieter behördenseitig zu erleichtern - noch dazu, wenn die
Behörde und das Telekommunikationsrecht ja eigentlich den
volkswirtschaftlich relevanten Wettbewerb (und nicht die
überschaubaren Wettbewerber) fördern sollen (ähnliche Ansprüche
fehlen trotz umfangreicher staatlicher Beihilfen
bei "schnellen" Breitband-Internetanschlüssen, bei denen
vielfach mit irrealen "bis zu"-Werten geworben wird).
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der Regulierung
Philipp Lust, 2018
www.lust.wien