Recht
Regulierung, Liberalisierung und
Telekommunikation
Seit den 80er
Jahren des vorigen Jahrhunderts werden ehemals
staatliche Monopole in Netzwerkindustrien wie Telekommunikation,
Energie (Strom & Gas), Post, Eisenbahn etc. unter dem Einfluss
des Europarechts zunehmend geöffnet.
Dabei zeichnen sich mehrere Phänomene ab: staatliches Eigentum wird häufig
privatisiert, rechtliche
Einschränkungen durch staatlich gewährte Privilegien werden im Sinne einer
Liberalisierung abgebaut und
schlussendlich werden über zahlreiche neue Vorschriften
wirtschaftspolitisch motivierte, wirtschaftslenkende, re-regulierende
europäische "Harmoniserungsmaßnahmen"
umgesetzt. Insoweit ist es nicht verwunderlich, dass auch neue
Sonderbehörden für die Marktordnung in dem jeweiligen Sektor eingerichtet
werden.
Telekommunikation galt lange
Zeit als Vorbild für die Vorteile dieses Ansatzes. Jahrzehntelang
wurde die Technik besser und sind die Preise gefallen. Seit einigen Jahren
muss jedoch auch der oberflächliche Betrachter zweifeln, ob wirklich alles
besser wird. Insbesondere seit es nur
mehr drei Mobilnetzbetreiber in Österreich gibt (mangels
Frequenznutzungslizenz sind dort keine weiteren echten
Wettbewerber möglich), steigen die
Preise für Endkunden regelmäßig und signifikant.
Preisindex Mobilfunk gemäß RTR-GmbH (RTR
Telekom Monitor 1/2016) im Vergleich zur fiktiven Fortschreibung
der Tarifentwicklung vor der Anbieterkonsolidierung
Ende 2012 (orange), als technologiebedingte Fortschritte noch an die
Kunden weitergegeben wurden
Die eigens für die Marktregulierung zuständigen Regulierungsbehörden
(Telekom Control Kommission, TCK, und Rundfunk und
Telekom-Regulierungs-GmbH, RTR) verhalten sich trotz klarer
Handlungsvorgaben im österreichischen Telekommunikationsgesetz (TKG 2003)
erstaunlich passiv. Dem Kunden,
der über seine Telekom-Anbieter und als Steuerzahler die Tätigkeit der
Behörde finanziert, ist damit nicht wirklich gedient.
Die auch in Europa langsam aufkommende Diskussion über die "Netzneutralität"
hat im Jahr 2015 erneut gezeigt, dass die politischen Entscheidungsträger
und zentral die Europäische Kommission eher als Sprachrohr einseitiger Lobbyisten-Wünsche fungieren, anstatt
Interessen der Allgemeinheit zu verteidigen. Entsprechend wurde
die bislang selbstverständliche und bewährte Tatsache, dass das Internet
ein offenes und gleichberechtigt zugängliches Netz für alle ist,
ignoriert, anstatt sie staatlich zu sichern. Dadurch wurde der
Grundstein für das Ende des bisherigen,
offenen und innovativen Internet gelegt, damit die Anbieter von
Internetzugängen künftig höhere Erträge auf mehreren Wertschöpfungsstufen
jenseits der bloßen Datenübermittlung vereinnahmen können (so wird z. B.
für "specialised services" und "intelligente next generation networks" als
vermeintlich "sinnvolle" Ausnahmen von der bisher üblichen
Gleichbehandlung der über das Internet übertragenen Inhalte geworben, um
so das Wesen des offenen und an den Interessen der Allgemeinheit
ausgerichteten Internet zu umgehen).
Weiterführende Informationen:
English:
Do I provide any information on
topics of liberalisation or regulation of network industries and the
telecommunications sector in English?
Please look here.
Philipp Lust, 2017
www.lust.wien