lust

Die Zukunft des Automobils



Umdenken ist nötig

Leider führen große Unternehmen und erfolgreiche Absatzzahlen dazu, dass immer mehr vom Gleichen produziert wird, anstatt radikaler umzudenken oder die Frage zu stellen, was überhaupt gewünscht wird (hier kann auch der aktuelle Citroën Cactus als positives Beispiel innerhalb der aktuellen SUV-Begehrlichkeiten verstanden werden). Mercedes-Benz hat es sich in den 80er und 90er Jahren, als das Unternehmen noch eher von Technikern als von Ökonomen geleitet wurde, einiges kosten lassen, ein kompaktes Stadtauto zu entwickeln. Der schlussendlich 1998 vorgestellte Smart war - wohl auch aufgrund der überharten Federung nach dem Elch-Test - zwar kein perfektes Auto, aber doch eine interessante Idee.

Aktueller Twingo als neuer Trend?

http://www.renault.at/neuwagen/pkw/twingo/neuer-twingo-b07/design.jsp

Das neue Modell des Smart 2014 scheint nun endgültig zur Verwässerung des Projekts beizutragen, doch bietet das kostensparende Baukastenprinzip hier eine neue Chance. Der auf dem Mercedesfahrwerk und der viertürigen Version des Smart aufbauende, aber attraktiver gezeichnete und billiger angebotene neue Renault Twingo (siehe auch hier) könnte zu einem neuen Konzept des leistbaren Kompaktfahrzeuges führen.

Ähnlich wie beim bewährten Volkswagen Käfer sitzt der Motor hinten und werden die Hinterräder angetrieben. Mit dem Heckantrieb gehen viele Vorteile wie natürlicheres Lenk- und Kurvenverhalten einher (Details siehe hier), und das angeblich so gefährliche Übersteuern wurde (leider) durch Fahrwerks- und (offenbar nicht abschaltbare) ESP-Auslegung vermieden.

Leider haben neue Kompaktwägen und so auch der Renault Twingo und sein Bruder Smart oft durchwegs 3-Zylindermotoren, die zwar zumindest auf dem Papier sparsam sein mögen, aber nicht unbedingt vibrationsfrei und wohlklingend laufen oder langlebig sind (Motoren mit 6 Zylindern in Reihe laufen völlig ausgeglichen, mit 4 Zylindern laufen sie für die meisten Anwendungen passabel; bei Boxermotoren kompensieren einander die Bewegungen gegenüberliegender Zylinder, sodass auch 2 Zylinder bereits ausgeglichen laufen; siehe zur Motortechnik auch hier und für weitere Details hier). Im vorliegenden Fall führt die Abkehr von dem bei Kleinwägen üblichen Konzept von Motor und Antrieb vorne auch zu einer besseren Platzausnützung, kleinerem Wendekreis, mehr Insassensicherheit und vermutlich leichterer Integrierbarkeit von Elektroantrieben.

Weitere Reduktion bzw. Neukonzeption wäre möglich

Ähnlich diesem Konzept wäre es in meinen Augen gerade für BMW basierend auf seinen Motorradmotoren oder Subaru angebracht, einen sinnvollen und leichten Stadtwagen mit 2-Zylinder-Boxermotor zu entwickeln. Wie im Citroën 2CV oder Puch 500 könnte damit ein sparsamer und gleichzeitig ziemlich angenehm laufender Wagen bewerkstelligt werden (für besondere Leistungsansprüche könnte gemäß aktuellem Trend ohne großen zusätzlichen Aufwand eine teurere Variante mit Turbo angeboten werden). Der Motor könnte wie beim neuen Renault Twingo unter dem hinteren Gepäckraum liegen, das Auto wäre günstig und leicht zu konstruieren, hätte eine gute Gewichtsverteilung, schönes Fahrverhalten und könnte auf eine Servolenkung verzichten. Auch optisch könnte das Auto vermutlich besser gestaltet werden als der zuvor genannte Vertreter.

Käfer 1938citroën 2cv500

Leider gibt es diesen Wagen noch nicht: BMW ging ins Utopische, um mit dem Motorradmotor im i3 nur schwere Batterien zu laden, anstatt den direkten Vortrieb zu erzeugen, wodurch bei der Generation Lifestyle Kompaktwägen zum Mittelklassepreis verkauft werden können (zu Elektroautos siehe auch hier). Subaru scheint unter dem Einfluss von Toyota die Mittel anders zu priorisieren. Volkswagen wird mit seinem Baukastensystem und bestehenden Motoren sicher zuerst alles andere davon ableiten, als vom weißen Blatt Papier weg etwas Neues zu konstruieren (auch wenn sich im Rahmen der Anpassung des Porsche-6-Zylinder-Boxermotors auf ein ohnehin geplantes 4-Zylindermodell auch ein 2-Zylinder-Derivat mit vertretbarem Aufwand bewerkstelligen ließe). Anderen ist dieses Projekt freilich vielfach zu teuer; aufgrund der vermeintlichen "Radikalität" mag es manchem Manager auch zu riskant erscheinen (sollten sich die Mittel per crowd-funding oder auch durch sinnvolle Umleitung künftig geplanter Elektro-Förderungsmittel auftreiben lassen, wirke ich bei der Umsetzung des Projektes gerne mit).

Aktuell verfügbare Nischenlösung

Einen Lichtblick gibt es jedoch noch: Durch aktuellen Suzuki 3-Zylinder-Turbomotor in einem auf das Jahr 1957 zurückgehenden Lotus-Chassis bietet der aktuelle Caterham 160/165 in einer Größenordnung von unter 25.000 Euro viele Eigenschaften für ein modernes Stadtauto: Fahrspaß bei unter 500 kg Fahrzeuggewicht (somit Beschleunigung unter 7 Sekunden aus 660 ccm/81 PS), parkplatzfreundliche 3,1 m Länge (somit 0,5 m kürzer als der Renault Twingo) und real erzielbare niedrige Benzinverbräuche. Gepäckraum, fehlende Rücksitze und eingeschränkter Wetterschutz werden für viele zu kompromissbehaftet sein, dafür erhält man aber ein wahrlich zeitloses Cabriolet.

160/165




<-  zurück zur Übersicht Auto



Philipp Lust, 2014                         www.lust.wien