
Zusammenschaltung
Das technische Verbinden zweier
Kommunikationsnetze, damit die Teilnehmer des einen Netzes
Informationen mit den Teilnehmern eines anderen Netzes austauschen können,
nennt man Zusammenschaltung (engl. interconnection). Sie stellt
das zentrale Problem dar, das staatliche Regulierung zu lösen
hätte, wenn sie wettbewerbsnahe Zustände im Bereich von
Telekommunikationsnetzen erreichen möchte. So könnte sichergestellt
werden, dass der positive Netzwerkeffekt beim Kunden ankommt, anstatt zu
überhöhten Gewinnen bei großen Netzbetreibern zu führen.
Früher war die Problematik national durch ein staatliches Monopol
"gelöst", das freilich seine eigenen Probleme mit sich bringt. Heute
konzentrieren sich staatliche Regulatoren leider gerne auf umfangreiche
Marktinterventionen auf zahlreichen anderen Baustellen, sodass nicht immer
der Fokus auf das Wesentliche sichergestellt ist. Anders als in sonstigen
unionsrechtlich mit reguliertem
Wettbewerb versorgten Infrastrukturbranchen wie Energie (Strom,
Gas...) und Transport (Post, Bahn...) gibt es mit der Zusammenschaltung in
der Telekommunikation eine langfristige Daseinsberechtigung für staatliche
Intervention in gewissem Ausmaß, das über die bloße Wettbewerbsaufsicht
zur Vermeidung von oligopolistischem Verhalten hinausgeht. Die übrige
Telekom-Regulierung ebenso wie die unionsrechtlich gebotene
Regulierung der anderen Infrastrukturbranchen schafft hingegen
vielfach nur eine behördlich gesteuerte Wettbewerbsfiktion über
das Konzept des "Netzzugangs" (historisch engl. open network provision,
konkret access). Dieser staatlich simulierte Wettbewerb auf der
gegenüber dem tatsächlichen Netz weniger relevanten sogenannten "Diensteebene"
steht und fällt mit der staatlichen Marktintervention (Beispiel: Gibt es
nur ein Stromnetz in privater Hand und ist auch gar nicht gewünscht, ein
alternatives Stromnetz aufzubauen, würde der bestehende Stromversorger
seine Leitungen kaum freiwillig und zu attraktiven Konditionen seinen
Konkurrenten zu Verfügung stellen).
Zusammenschaltung von Kommunikationsnetzen ist einerseits nötig, damit
Kunden eines Anbieters mit Personen telefonieren können, die einen
anderen Netzbetreiber haben. Andererseits ist sie auch nötig, damit
Sie diese Webseite abrufen können, auch wenn Ihr
Internetzugangsdiensteanbieter (engl. internet service provider)
nicht ident mit dem Unternehmen ist, das den Webserver für diese Webseite
betreibt (engl. webhosting). Ebenso stellen die Fragen zur Netzneutralität eine Facette der
Zusammenschaltung dar, auch wenn sie ein trauriges - wenn auch nicht
untypisches - Beispiel sind, wie intensives "Lobbying" weniger großer
Konzerne ohne vernünftigen Grund den Willen von Politik und Verwaltung zu
Lasten der Allgemeinheit zu beeinflussen vermag.
Sie können bei meinen Publikationen
den einen oder anderen Beitrag zum Thema Zusammenschaltung finden (für die
ökonomischen Größenordnungen in Österreich siehe auch S. 144 ff meines Buches, die auch
in der Leseprobe
enthalten sind). Gleichzeitig kann ich Ihnen dank Verlag
Österreich hiermit kostenlos meine ausführliche Kommentierung
von §
3 Z. 25 Telekommunikationsgsetz 2003 zum Thema Zusammenschaltung
bereitstellen, die 2016 in dem von Riesz/Schilchegger
herausgegebenen TKG-Kommentar (ISBN: 978-3-7046-6278-1)
erschienen ist:
Ausschnitt
Inhaltsverzeichnis und Zusammenschaltung § 3 Z. 25 (Rz. 257-303)
TKG-Kommentar Riesz/Schilchegger (Hrsg.)
Die Kombination aus Interpretation des österreichischen Gesetzes samt
unionsrechtlichen Grundlagen, ökonomischem und regulierungspolitischem
Hintergrund und nationaler Behördenpraxis auf 15 Seiten sollte nicht nur
für österreichische Leser relevant sein. Sie sollte dank identer
unionsrechtlicher Vorgaben ebenfalls für der deutschen Sprache kundige
Leser anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union von Nutzen sein und
geht teilweise weiter als die Ausführungen bisheriger juristischer
Kommentare.
Neben der Kommentierung der Begriffsbestimmungen in § 3 TKG stammen auch
die Ausführungen zu § 122 bis § 127 sowie § 130 und § 131 des Kommentars
aus meiner Feder.
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Recht
-> Weiterführende Links
Philipp Lust, 2017
www.lust.wien