lust

Tests ausgewählter Sportwägen

in preislich aufsteigender Reihenfolge



Mazda MX 5 (2015)

http://www.mazda.com/stories/craftmanship/mx-5/mx-5_25th/movie_photo/resource/img/wallpaper/wp02_pc03.jpg

Der Mazda MX 5 stellt für mich den vernünftigsten Neuwagen dar, soweit man mit zwei Sitzplätzen auskommen kann. Bei maßvoller Ausstattung ist zu einem Endpreis von 25.000 Euro ein Neuwagen erhältlich, der praktisch alle Eigenschaften erfüllt, um nicht nur im Alltag von A nach B zu kommen, sondern dabei auch glücklich zu machen:  ansprechendes Aussehen bei knapp 4 m Länge, gute Übersicht samt schönem Ausblick auf die Motorhaube, gutes und nicht zu hartes Fahrverhalten samt angenehmer Lenkung und ein hinreichend starker 1,5-Liter-Basismotor mit 130 PS bei moderaten 1050 kg Fahrzeugmasse sind die gebotenen Voraussetzungen dafür.

Solide japanische Technik mit konventionellem 4-Zylinder-Benzinmotor ohne Direkteinspritzung, Turbo oder ähnlichem sollte neben gutem Ansprechverhalten zu real niedrigem Benzinverbrauch und auch langfristig überschaubaren Erhaltungskosten führen. Auch wenn die Haptik im Innenraum nicht den deutschen "Premium"-Marken entspricht, so ist alles passend und ansprechend angeordnet. Vor allem gibt es aber keine störenden Klapper-, Verdeck- und Verwindungsgeräusche, die auch bei deutschen "Premium"-Fahrzeugen mit einem deutlich höheren Kaufpreis immer wieder auftreten können.

Große Insassen könnten mit dem Kopf am Verdeck ankommen, und bei Urlaubsreisen muß man mit dem Gepäck für zwei Personen maßhalten. Schon der Basismotor bewegt das Fahrzeug dank eher kurzer Übersetzung flott, auch wenn – wie bei scheinbar allen schadstoffoptimierten aktuellen Motoren unter 2 Liter Hubraum – unter 1.500 Umdrehungen pro Minute kaum Kraft vorhanden ist und sich der Motor erst ab 2.000 Umdrehungen wohl zu fühlen scheint.

Auch jenseits der unten angeführten "Exoten" – wie dem deutlich kompromissloseren und zu ähnlichen Preisen beginnenden Caterham 7 oder der gerade in Europa wesentlich teureren Corvette – handelt es sich beim Mazda MX 5 um den günstigsten echten Sportwagen unter den Neuwägen. Selbst typische Normalfahrzeuge der Golfklasse kosten regelmäßig kaum weniger und bei 35.000 Euro ist selbst bei Vollausstattung und größerem Motor Schluß, wobei mir die um gut 7.000 Euro billigeren Einstiegsmodelle attraktiver erscheinen.

Auch wenn der noch am ehesten vergleichbare Toyota GT 86/Subaru BRZ etwas kräftiger ist und in der aktuellen Einstiegsvariante knapp unter dem teuersten Mazda MX 5 liegt, so erscheint mir der Mazda samt offenem Dach und schönerem Innenraum preiswerter. Bei Porsche hat mit dem generellen Umstieg auf die Turbotechnik der nun trotz doppelten Preises ebenfalls nur mehr vierzylindrige Boxster an Begehrlichkeit verloren, während der weiterhin sechszylindrige 911 das vierfache Geld des Mazda kostet.

Auch neue sechszylindrige BMWs mit schönem Motorklang und mehr als hinreichend Leistung kosten grob das Doppelte des Mazda und erscheinen diesem gegenüber spürbar weniger unmittelbar. Selbst sportlich orientierte frontangetriebene Kleinwägen kosten bei auf das Gewicht bezogen vergleichbarer Leistung regelmäßig deutlich mehr (bieten aber freilich mehr Platz für Passagiere und Gepäck: ein Ford Fiesta ST liegt preislich etwas unter und ein Peugeot 208 GTI etwas über dem Mazda MX 5, während starke Vertreter der "Golf"-Klasse preislich deutlich darüber liegen und ihr Übergewicht sowie ihre unausgeglichene Gewichtsverteilung ebenso wie Nebeneffekte von am Papier sparsamen Turbomotoren und elektromechanischen Lenkungen nicht gänzlich leugnen können). Außerdem kommen Kleinwägen auch bei noch so hohen Motorleistungen, zuschaltbarem Allradantrieb oder allfälligen Elektroniklösungen zur partiellen Kompensation frontantriebsbedingter Nachteile nicht einmal annähernd an die Natürlichkeit des als Sportwagen konstruierten Mazda MX 5 heran (wobei gerade allradangetriebene, gut motorisierte Subaru Impreza oder Mitsubishi Lancer mit ihren Wurzeln im Rallye-Bereich ebenso wie hinterradangetriebene BMWs um das grob doppelte Geld des Mazda MX 5 schneller fahren und ebenfalls Spaß machen). Während unter Gebrauchtfahrzeugen freilich weitere Alternativen zum Mazda MX 5 zu finden sind, gibt es in meinen Augen unter den Neuwägen kaum reale Alternativen zum Mazda MX 5.



Toyota GT 86 – Subaru BRZ (2012)

http://www.toyota.de/automobile/gt86/index.json#/gallery/17-31522/1
Hierbei handelt es sich um eines der herausragendsten Konzepte, um alternativ zum bewährten Mazda MX 5 und preislich unter Porsche Boxster und Lotus Elise einen echten Sportwagen in einer leistbaren Preisklasse zu konstruieren.

Der Wagen sieht für heutige Verhältnisse relativ schön, schlicht und schlank aus. Er hat über den tiefen und eher weit nach hinten versetzten Boxermotor eine gute Gewichtsverteilung und einen niedrigen Schwerpunkt. Er fährt gut und erlaubt – wohl aufgrund der Fahrwerksabstimmung ebenso wie aufgrund der „normalen“ Bereifung – bei übermäßigem „Gas“ durchdrehende Räder und relativ gut beherrschbare „Drifts“. Negativ fällt auf, dass die Leistung im niedrigen Drehzahlbereich mager ist, während bei höheren Drehzahlen hinreichend Leistung verfügbar ist. Der Motor klingt angenehm, wenn auch das klassische Geräusch älterer sportlicher Subarus aufgrund anderer Auspuffanordnung in neuen Fahrzeugen nicht mehr erreicht wird. Das Armaturenbrett ist positiv ausgedrückt „puristisch“. Die Rücksitze taugen zwar zum Transportieren von Reifen zur Rennstrecke, jedoch nur bedingt für Menschen.

Der Preis von etwa 35.000 Euro ist über die Mehrleistung (2.0 l/200 PS/1250 kg) gegenüber dem etwas billigeren Mazda MX 5 (1.5 l/130 PS/1050 kg bzw. 2.0 l/160 PS/1090 kg) wohl rechtfertigbar, wobei mir gerade das Einstiegsangebot von Mazda samt offenem Dach persönlich attraktiver erscheint. Gegenüber einem Caterham ist der Wagen völlig alltagstauglich. Gegenüber Porsche und Lotus ist der Wagen „günstig“. Auch befinden sich sportlich anmutende Ableitungen herkömmlicher Kompaktwagenplattformen mit Frontantrieb durchaus in derselben Preisklasse wie der GT 86/BRZ, ohne dessen Fahrgefühl erreichen zu können. Insoweit sind kleine und gut motorisierte BMWs mit Heckantrieb nähere Konkurrenten (BMW 1er und eher 2er Serie, z.B. 220i mit durchaus vergleichbaren Daten, jedoch mit drehmomentbetonendem Turbomotor).

Sucht man einen neuen und alltagstauglichen Sportwagen und reichen zwei gut nutzbare Sitzplätze aus, kann man in meinen Augen die Suche derzeit auf den Mazda MX 5 und den Toyota GT 86/Subaru BRZ beschränken. Zusätzliche Zylinder kosten zwischenzeitig unverhältnismäßig mehr Geld, wobei der Klang von 4 Zylindern und deren Leistung ohnehin gut zu einem unmittelbaren, leichten und sportlichen Auto passen, während die luxuriöseren sportlichen Fahrzeuge nicht nur deutlich mehr kosten, sondern regelmäßig auch spürbar mehr Masse mit sich herumführen.


Porsche und andere Sportwägen jenseits 50.000 Euro

911 als klassischer Porsche

Wenn es um gut fahrende Fahrzeuge geht, darf der Name Porsche nicht fehlen. Ich meine hiermit die Sportwägen (Boxster/Cayman, 911 und aktuell 918), auch wenn die Firma seit dem Jahr 2010 deutlich mehr „Sport Utility Vehicles“ als Sportwägen verkauft.

Der
911er ist der „klassische“ Porsche, der seit einem halben Jahrhundert optisch eindeutig erkennbar ist, auch wenn sich seine Charakteristik von einem teilweise unberechenbaren Sportwagen zu einem immer ausgefeilteren Sportwagen und schlussendlich in Richtung Komfort verändert hat. Es ist wohl die Kombination aus Optik, Fahrverhalten, Alltagstauglichkeit und auch Prestige, die den Porsche 911 derart beliebt macht. Aktuell beginnt der Einstieg bei 110.000 Euro samt zahlreichen fünfstelligen Upgrade“-Möglichkeiten; ein eher rennstrecken- als straßenoptmierter 911 GT3 kostet grob 180.000 Euro (da ist dann auch der Sprung zu Ferrari nicht mehr weit).

Ergänzung des Anfang 2015 entstandenen Textes vom Herbst 2015: Mit der aktuellen Modellpflege des 911er werden die klassischen Saugmotoren durch hubraumverkleinerte Turbomotoren mit erhöhter Leistung abgelöst. Im Alltag dürfte sich das positiv bemerkbar machen, wenn auch der klassische Sportwagencharakter mit Leistung bei Drehzahl gemindert werden dürfte. Die günstigeren Boxster/Cayman-Modelle dürften erst 2016 auf Turbotechnik umgestellt werden, wobei dann 4-Zylinder-Boxer-Motoren zu erwarten sind, sodass sich der Unterschied zu den günstigeren japanischen Sportwägen verringert und diese Fahrzeuge aufgrund ihres Preis-/Leistungsverhältnisses weiter an Attraktivität gewinnen.

Vorbemerkung 2017: Der folgende Text zum Thema Porsche ist weiterhin am Stand 2015 und kann damit für Gebrauchtwagenkäufer sowie zur historischen Einordnung nützlich sein. Seit die Boxster/Cayman 718 Modelle auf turbogeladene vier Zylinder reduziert wurden, ist der einzigartige Klang als subjektive Rechtfertigung für den doppelten bis dreifachen Preis der oben genannten japanischen Sportwägen weggefallen.
Entschließt man sich für einen modernen, aber dennoch einigermaßen klassischen 911er, muß einem bewußt sein, dass man mit dem vierfachen Kaufpreis der japanischen Einstiegssportwägen neben mehr Leistung und feinerem Motorklang auch maßgeblich für das historische Erbe der Firma Porsche mitbezahlt.
Bis ungefähr Herbst 2018
solange die BMW 1er- und 2er-Serie auf einer Heckantriebsplattform basiert scheint man bei den aufgeladenen Reihensechszylindern mit zwischenzeitig 340 bis 370 PS um 50.000 bis 70.000 Euro und damit dem doppelten der obigen japanischen Sportwägen am ehesten einen guten Kompromiss aus Alltagstauglichkeit (einschließlich Rücksitzen), etwas höherwertigen Innenraummaterialien und Fahrspaß zu finden. Der Fahrkomfort dieser "sportlich" abgestimmten Fahrzeuge (sowohl BMW als auch Porsche) ist jedoch dem spaßfördernden und angenehmen Charakter der Federung von Mazda MX 5 und Toyota GT 86/Subaru BRZ typischerweise unterlegen.
Insoweit können auch US-Autos zunehmend interessant werden, zumal Ford seit 2015 mit dem Mustang ein zumindest außen attraktives Fahrzeug mit zeitgemäßem Fahrwerk anbietet, bei dem man unter 60.000 Euro einen Neuwagen mit 5 l Hubraum, 8 Zylindern, 422 PS und Handschaltung erhält. Auch der 2016 fahrwerksmäßig grundlegend überarbeitete Chevrolet Camaro spielt in einer ähnlichen Liga, während die tatsächlich als Sportwagen konzipierte Corvette nochmals um die Hälfte teurer und damit hierzulande preislich nicht mehr allzu weit vom Porsche 911 entfernt ist.


http://images.pistonheads.com/nimg/27130/16-9.jpg
Auch nach 50 Jahren ist die optische Verwandtschaft klar erkennbar

Weniger populäre Porsche der Vergangenheit

Alternative Porschekonzepte hatten es stets schwer. Das trifft nicht nur auf den komfortablen und schnellen 928er (1977 bis 1995) zu, der immerhin auch mehr Konkurrenz beispielsweise durch große Mercedes-Coupés und -Cabrios oder entsprechende BMWs hatte (die freilich mehr Komfort, aber weniger Sportlichkeit boten; heute dürfte die optische Beliebigkeit gewisser BMW- und Mercedes-Coupés hingegen eher Porsche in die Hände spielen). Auch „leistbaren“ und dennoch durchwegs gut fahrenden Porsches wie 914 (1969 bis 1976) oder 924/944/968 (1976 bis 1995) war kein übermäßiger kommerzieller Erfolg beschieden.

Neustart von Porsche in den 90er Jahren

Nachdem Porsche in den 90er Jahren nahe dem Ruin war, hat man 1996/97 grundlegend neue Modelle geschaffen (bis dahin handelte es sich bei allen 911er-Generationen um – mehr oder weniger starke Modifikationen des 1963 vorgestellten Modells). Im Sinne einfacherer und kostengünstigerer Produktion sowie zwecks leichterer Einhaltung von neuen Emissionsvorschriften wurde der bewährte und einmalig klingende luftgekühlte 6-Zylinder-Boxermotor durch ein wesentlich einfacheres, wassergekühltes Aggregat ersetzt (im GT3 wurde einer wassergekühlten Variante des stabileren „alten“ Motors noch eine lange Produktionszeit gewährt, ehe sie 2013 von einem Aggregat abgelöst wurde, das auf den 2008/09 mechanisch überarbeiteten Motoren der „normalen“ Modelle basiert).

Boxster als Alternative

Das neue kostensparende Konzept kam aber nicht nur über höhere Margen dem Hersteller, sondern auch dem sich mit weniger Leistung abfindenden Kunden zugute: Grob durch Umdrehen von Getriebe und Motor und gleichzeitiges Reduzieren von Motorleistung und Hubraum (weniger Bohrung und Hub bei gleichem Motorblock) wurde neben einem neuen 911er mit Heckmotor auch ein offener Mittelmotorsportwagen namens Boxster geschaffen.

Er kostet regelmäßig grob die Hälfte eines 911er-Cabriolets und ist dank besserer Gewichtsverteilung vom Chassis her das agilere Auto (obwohl seine Hinterachse wegen besserer Gewichtsverteilung einfacher konstruiert werden kann). Entsprechend gibt man für
„bloße“ 265 PS aus 2.7 l Hubraum im Boxster „nur“ gut 60.000 Euro anstatt knapp 130.000 Euro für ein 350 PS starkes 911-Cabrio mit 3.4 l Hubraum aus. Um etwa 15.000 Euro Aufpreis erhält man auch den Boxster in einer „S“-Variante mit einem auf 315 PS gedrosselten 3.4 l-Motor. Ein Viertel mehr Hubraum stellt freilich einen im Alltag spürbaren Unterschied dar, wobei auch 2.7 l im Regelfall klar hinreichend sind und der Aufpreis für den etwas aufgebohrten Motor markentypisch doch recht happig ist. Umgekehrt ist man mit dem größeren Motor bei den realen Fahrleistungen grob auf Augenhöhe mit den Einstiegsvarianten des 911 (2016 könnten bei Boxster und Cayman 4-Zylinder-Turbo-Motoren eingeführt werden, sodass sich dann jedenfalls der akustische Respektabstand zum teureren und weiterhin mit 6 Zylindern ausgestatteten 911er wieder vergrößern dürfte).
 
http://www.netcarshow.com/porsche/2013-boxster_s/1600x1200/wallpaper_01.htm
Der aktuelle Porsche Boxster (Typ 981, 2012)

Mehrleistung nötig?

Auch wenn ein Porsche „unter“ dem 911er diesen niemals überflügeln darf, so kann man den Boxster seit einiger Zeit auch als GTSkaufen. Hier erhält man eine Variante des 3.4 l-Motors, bei der gegenüber dem „großen Bruder“ 911 lediglich die Leistung im höheren Drehzahlbereich  geringfügig reduziert wurde (330 statt 350 PS). Dann liegt man mit 90.000 Euro Einstiegspreis auch schön in der Mitte zwischen Einstiegs-Boxster und Einstiegs-911er. Damit sollte man im Boxster GTS den real besseren Sportwagen, jedoch vermutlich weniger „Prestige“ als beim 911er-Einstiegsmodell erhalten. Selbst für den fahrleistungsbewussten Käufer wird das Fahrzeug im realen Fahrbetrieb – insbesondere im normalen Drehzahlbereich jedoch kaum von der um 15.000 Euro billigeren „Boxster S“-Variante zu unterscheiden sein.

Zwischenzeitig werden auch die an sich günstigeren Mittelmotormodelle aus dem Hause Porsche zumindest in limitierter Auflage mit dem „großen“ 3.8 l-Motor des heckgetriebenen 911 Carrera S angeboten (+ 12 % Hubraum gegenüber Boxster S bzw. Standard-911er mit 3.4 l). Damit dem teureren 911er ein Respektabstand bleibt, wird der Motor von 400 PS (bei 130.000 Euro für den 911 Carrera S) auf 385 PS beim geschlossenen Cayman GT4 (110.000 Euro) bzw. auf 375 PS beim Boxster Spyder (wohl gut 100.000 Euro, womit er jedenfalls attraktiver als der GTS wäre) gedrosselt. Die Drosselung um ca. 5 % sollte real kaum spürbar sein und vom besseren Fahrverhalten des Mittelmotorfahrzeuges aufgewogen werden. Um den wohlhabenden und ein Statussymbol suchenden Kunden weiterhin am teureren 911er zu halten, haben diese beiden Mittelmotorfahrzeuge gewisse Einschränkungen. Einerseits wird bei diesen Modellen kein automatisiertes Getriebe angeboten, was den Sportwagenkäufer nicht sonderlich tangieren sollte. Andererseits wirken die optischen bzw. strömungstechnischen Maßnahmen des GT4-Caymans leicht pubertär, während beim Boxster Spyder mit dem leichten Verdeck gewisse Einschränkungen hinsichtlich Alltagstauglichkeit gegenüber einem normalen Boxster einhergehen dürften. Dennoch sind für fahrspaßorientierte Käufer beide Varianten dem 911er eindeutig vorzuziehen. Der GT4 scheint der kompromisslosere, stärker am rennsportnahen 911 GT3 orientierte Sportwagen zu sein (und bietet im Gegensatz zu letzterem ein Schaltgetriebe und ein um 70.000 Euro niedrigeres Preisschild), während beim Boxster Spyder die Federung und Radaufhängung gegenüber den normalen Varianten nicht derart stark verschärft sein dürfte, dass sie angenehme Frischluftexkursionen gänzlich ausschließen würde.


Sieht man auf die Straße, so ist dem typischen 911er-Fahrer die Mehrleistung stärkerer Motoren (aktuell 3.8 l mit 400 respektive 430 PS) regelmäßig weitere 20.000 bis 40.000 Euro wert, während die Rennversionen à la GT 3 im Straßenbetrieb ein klares Minderheitenprogramm darstellen (vor der Anhebung der Normverbrauchsabgabe 2014 konnten auch schon um gut 10.000 Euro ein paar zusätzliche PS erworben werden).

Meines Erachtens wird hierbei der Sinn eines Sportwagens etwas mißverstanden: Ein Sportwagen sollte Spaß machen, eine angenehme Verbundenheit des Fahrers mit dem Fahrzeug oder der Straße herstellen und zügiges Kurvenfahren ermöglichen, wobei jenseits des Rennbetriebes vielfach das subjektive Erlebnis von Geschwindigkeit wichtiger ist als objektive Höchstwerte. Das kann man auch schon mit der Einstiegsmotorisierung erreichen, während die noch stärkeren Motoren nur noch mehr Beschleunigung und Kraft im Überfluss bieten (derzeit haben alle Porsche-Sportwägen einen 6-Zylinder Boxermotor und damit einen sehr angenehm laufenden Antrieb samt
„sportlich“ wirkender Geräuschkulisse).

Während Cabrios normalerweise teurer als geschlossene Fahrzeuge sind, kann man den Boxster um ein paar tausend zusätzliche Euros auch als geschlossenen Cayman mit homöopathisch vergrößerter Leistung kaufen (während die wirtschaftliche Entwicklung seit der Jahrtausendwende Porsche viel geholfen hat, dürfte hier die Kalkulation nicht ganz aufgegangen sein). Durch die zusätzliche Stabilität des verschweißten Daches kann der Cayman minimal präziser fahren.

Vergleich zu billigeren Sportwägen

Während somit preislich nach oben alles offen ist, so bekommt man mit dem Einstiegsmodell Porsche Boxster um gut 60.000 Euro doch ein maßgeblich anderes Auto als mit dem Toyota GT 86/Subaru BRZ um 35.000 Euro.

Auch wenn beide Fahrzeuge vom niedrigen Schwerpunkt und der Ausgeglichenheit und Drehfreude des Boxermotors profitieren, so ist der Klang von 6 statt 4 Zylindern doch nochmals eine andere Klasse (die zusätzliche Laufruhe ergibt sich daraus, dass ein Arbeitstakt des 4-Takt-Motors beim 4-Zylinder eine halbe Umdrehung überwinden muss, während es beim 6-Zylinder mit 120° nur ein Drittel der Umdrehung ausmacht und der Folgearbeitszyklus jedes Zylinders schon nach eineinhalb Drehungen an der Kurbelwelle beginnt, sodass durch Überlappung der Arbeitstakte eine konstantere Leistungsabgabe ermöglicht wird; nachdem Motor und Auspuff beim Porsche nahe beisammen liegen, klingen auch über die Auspuffanlage generierte Geräusche authentisch; außerdem hat Porsche im neuen Jahrtausend typischerweise viel Aufwand in die Optimierung
„sportlicher“ Geräusche gesteckt). Über den fast ein Drittel größeren Hubraum bei nur gut 50 kg zusätzlicher Masse gegenüber Toyota GT 86/Subaru BRZ kann das Auto auch bei niedrigeren Drehzahlen weit besser gefahren werden.

Das Lenk- und Fahrgefühl ist auch dank Mittelmotor nochmals besser als bei dem Toyota/Subaru, wobei kontrolliertes Driften mit letzterem deutlich besser möglich ist (aufgrund des Strebens nach Verbrauchsminderung und Kostensenkung haben beide Wägen die zwischenzeitig übliche elektromechanische Servolenkung anstelle einer klassisch hydraulischen Variante, wobei beide angeblich zu den momentan deutlich überdurchschnittlich gut abgestimmten Elektrovarianten zählen). An sich ist Porsche mit seinen evolutionären Modellen für sehr feinfühlige Fahrwerksabstimmung bekannt, wobei in Fachzeitschriften hinsichtlich der mechanischen Fahrwerksabstimmung des aktuellen Boxsters (bei ausgeschaltetem elektronischen Stabilitätsprogramm) teils leise Kritik erkennbar war. Die Innenraumanmutung des Porsche ist freilich auch einer anderen Liga als der wesentlich billigere japanische Sportwagen, wobei mir der Sinn der ansteigenden Mittelkonsole aktueller Porsche weiterhin verschlossen bleibt. Außen habe ich den Eindruck, dass der aktuelle Boxster (Typ 981 aus 2012) bewusst aggressiv und weniger klassisch als der teurere 911er gezeichnet wurde, während die Vorgängermodelle vorne praktisch ident zum
„großen Bruder“ waren (986 von 1996 bis 2004) oder zumindest sehr harmonisch gezeichnet wurden (987 von 2005 bis 2012).

Meines Erachtens bietet der Einstiegs-Porsche hinsichtlich Fahrverhalten, Komfort und auch Leistung alles, was das Herz begehrt. Freilich
„geht“ ein um die Hälfte stärkerer Motor spürbar besser und lebt gerade Porsche von Kunden, die alle paar Jahre wieder ein bißchen mehr Leistung benötigen. Für einen Sportwagen würde ich auch weiterhin ein günstigeres und verlässliches Schaltgetriebe empfehlen, um ein unmittelbareres subjektives Fahrerlebnis unter Inkaufnahme objektiv langsamerer Rundenzeiten zu erreichen, selbst wenn dieses auch bei Porsche schon ein Minderheitenprogramm ist (bei Ferrari wird seit dem 458 aus 2009 nur mehr das automatisierte Doppelkupplungsgetriebe angeboten, nachdem sich auch der Vorgänger praktisch nicht mehr mit Handschaltung verkauft hat).

Alternativen bei deutschen Premiumherstellern

An sich ist Porsche dafür bekannt, dass man zwar regelmäßig besser fahrende (und teils auch etwas leichtere) Fahrzeuge als bei der Konkurrenz erhält, dass gerade der Preis pro Pferdestärke aber sehr hoch ist. Insoweit kann man auch bei BMW und Mercedes gut fahrende Autos finden. Gerade beim sportlicheren und lange für seine Reihensechszylindermotoren bekannten BMW gibt es aufgrund des Wegfalls nicht turbogeladener Motoren infolge vondownsizing“ derzeit eine Lücke zwischen starkem und nicht sonderlich inspirierenden 4-Zylinder und übermäßig starkem und teurem 6-Zylinder mit gut 300 PS (diesen gibt es als M235i Coupé mit 326 PS ab gut 50.000 Euro und damit noch immer deutlich billiger als den 200 kg leichteren Porsche Boxster; ein optisch attraktiveres BMW 435i Cabrio mit 306 PS kostet hingegen ähnlich viel wie ein Porsche Boxster, wiegt dann aber etwa 1800 kg statt der 1300 kg des Porsche, sodass Kurven nicht mehr ganz mit BMW-typischer „Sportlichkeit“ durchfahren werden können).

http://www.bmw.at/de/neufahrzeuge/2/coupe/2013/bilder-videos.html#_GalleryItemWallpaperc4728bcc82e13ef4fa30bada2229aca8
Der BMW M235i (2014) verkörpert noch einigermaßen klassische BMW-Tugenden

Sportlichere Leichtbaualternativen

Fahrtechnisch sind dem Porsche Boxster hingegen typischerweise leichtere und weniger alltagstaugliche Fahrzeuge wie der billigere Lotus Elise (40.000 Euro für 1.6 l/136 PS bei knapp 900 kg) oder auch der auf den Lotus 7 aus 1957 zurückgehende Caterham (30.000 bis 50.000 Euro für grob 80 bis 200 PS bei 500 bis 600 kg Fahrzeugmasse) überlegen. Gleiches gilt für noch teurere Spielzeuge wie KTM X-Bow (ab 80.000 Euro für 2 l/285 PS bei knapp 800 kg) oder Alfa Romeo 4C (gut 80.000 Euro für 1.7 l/241 PS bei knapp 900 kg). Selbst ein Ferrari wird jedoch nicht unbedingt besser als ein Porsche Boxster durch Kurven fahren, obwohl er aufgrund weit höherer Leistung sicher schneller sein wird.

http://uk.caterhamcars.com/cars/seven-160
Bewährter Leichtbau aus dem Jahr 1957: früher Lotus Seven, heute Caterham

Corvette als nächste Leistungsklasse

Eine klassische, stärkere, wenn auch im Detail nicht so fein abgestimmte und im Innenraum weniger elegante Sportwagenalternative ist auch der Nissan 370Z mit 328 PS aus 3.7 l Hubraum bei rund 1600 kg zum Preis eines Boxsters mit 2.7 l und 265 PS.

http://image.motortrend.com/f/wot/2014-chevrolet-corvette-stingray-z51-has-3-8-second-0-60-mph-time-379767/55328276/2014-chevrolet-corvette-stingray-and-predecessors-1.jpg
Sieben Generationen Corvette über fünfzig Jahre

Darüber könnte dann die aktuelle Corvette C7 folgen, an der in ihrer aktuellen Art fahrwerkstechnisch nichts auszusetzen ist (das trifft auf ältere Corvettes und vor allem auf billigere
„muscle cars“ wie Dodge Challenger oder Chevrolet Camaro nicht zu, wobei der neue Ford Mustang dazwischen angesiedelt ist; er wird seit 2015 über den lokalen Fordhändler ab 42.000 Euro mit vier turbogeladenen Zylindern und gut 300 PS bzw. ab etwa 55.000 Euro mit hubraumstarkem 8-Zylinder-Motor und gut 400 PS aus 5 Litern vertrieben). Mit mindestens 6.2 l Hubraum und mindestens 466 PS kostet die Corvette hierzulande beim Importeur etwa 90.000 Euro (davon 30.000 Steuern, da sie weniger normverbrauchsoptimiert ist; in den USA kostet sie hingegen deutlich leistbarere 55.000 Dollar zzgl. Steuern und liegt dort praktisch gleichauf mit dem Einstiegs-Boxster). Optisch leugnet sie etwas ihre Wurzeln und ist dafür geringfügig an aktuelle Ferraris angelehnt; selbst vom Chassislayout mit Motor hinter der Vorderachse und Getriebe an der Hinterachse ähnelt sie technisch weit teureren Fahrzeugen wie Mercedes AMG GT oder Ferrari F12 (diese drei Fahrzeuge können aufgrund ihrer überwältigenden knapp 500 bis gut 700 PS bei sorgfältig verteilten gut 1500 kg noch als leicht im Sinne eines Sportwagens bezeichnet werden).

Sportliche GTs als Alternative?

http://www.wallpaperup.com/178231/2014_Jaguar_F-Type_R_Coupe_b.html
Jaguar F-Type (2013): noch Sportwagen, aber mit Tendenz zum Gran Turismo

Der optisch attraktive Jaguar F-Type beginnt ebenfalls erst bei 80.000 Euro (dann 3.0 l mit 340 PS, während 5.0 l mit rund 500 PS gut 50.000 Euro Mehrpreis bedeuten) und ist damit preislich leider näher beim Porsche 911 als beim Boxster angesiedelt. Ein
Sonderangebot unter Sportwägen wie der E-Type der 60er Jahre ist er damit nicht mehr. Sowohl aufgrund des Preises als auch aufgrund der Masse von 1600 bis 1700 kg geht das Auto eher in Richtung gran turismo als reinrassigem Sportwagen, wobei ihm dafür wiederum zumindest beim Cabrio der Kofferraum fehlt.

Wenn wieder vermehrt schöne GT-Autos geschaffen werden sollten, kann auch für sie eine eigene Rubrik entstehen. Neben der Selbstverständlichkeit hochwertiger Technik und gehobener Preise wäre in meinen Augen eine schöne und elegante Erscheinung deren Kernaufgabe. Der recht attraktive Maserati GranTurismo, den ich jedoch für deutlich weniger elegant als seine viertürige Basis in Form des seinerzeitigen Quattroporte halte, scheint kurz vor seiner Ablöse zu stehen. Die neuen Limousinen (Ghibli und Quattroporte 2013) lassen fahrwerkstechnisch nichts Positives erwarten, da man sich scheinbar wieder etwas von Ferrari emanzipiert und stattdessen mehr dem allgemeinen Luxusangebot annähert. Aston Martins der letzten Jahre sehen alle zum Verwechseln ähnlich aus, das Rolls-Royce-Cabrio kann nicht wirklich als schön bezeichnet werden, während Mercedes und BMW wieder zu etwas gefälligeren Linien zurückfinden könnten. Gleiches dürfte bei Ferrari im Gange sein, wobei mir das Vergnügen, einen aktuellen, großen Ferrari wie den F12 zu lenken, voraussichtlich auf unbestimmte Zeit vorenthalten bleiben wird.





<-  zurück zur Übersicht Auto



Philipp Lust, 2017                         www.lust.wien